Bestimmten Obstsorten wird in vielen Internetforen eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt – einen stichhaltigen Beleg gibt es dafür nicht. Dennoch kann die Ernährung Krankheiten günstig beeinflussen.
Heidelbeeren, Ananas und Kirschen. Solche Obstarten schmecken nicht nur gut, sie sollen angeblich auch entzündungshemmend wirken. Im Internet wimmelt es von solchen Aussagen. Also einfach eine Portion Obst essen – und schon bessert sich die Akne, heilt die Harnwegsinfektion, und Entzündungsherde im Körper verschwinden? So einfach ist es nicht. Zwar schadet das Obst essen nicht. „Aber eine seriöse Studie, die die entzündungshemmende Wirkung von Obst belegt, gibt es nicht“, sagt Professor Hans Hauner, Direktor des Else Kröner Fresenius Zentrums für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der Technischen Universität München.
Neben Obst ist auch Gemüse reich an sekundären Pflanzenstoffen. Doch wie diese genau wirken, ist noch nicht erforscht. Vielleicht helfen sie gar nicht für sich genommen, sondern nur, wenn sie gemeinsam mit den in Obst und Gemüse auch reichlich vorhandenen Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen gegessen werden. Die entzündungshemmende Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen wurde jedenfalls bislang lediglich bei Versuchen im Reagenzglas nachgewiesen, betont Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): „Solche Ergebnisse können nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen werden.“
Unumstritten ist indes, dass der übermäßige Konsum von Fleisch und Wurst Entzündungen im Körper fördert. Das liegt an der vor allem in rotem Fleisch enthaltenen Arachidonsäure. „Eine möglichst wurst- und fleischarme Kost wirkt auf den Körper von Patienten mit rheumatoider Arthritis entzündungsentlastend“, erklärt Professor Johannes Georg Wechsler. Der Münchner Facharzt für Innere Medizin ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM).
In einer Studie des Ernährungsmediziners Olaf Adam gingen bei Arthritis-Patienten Schwellungen und Schmerzen zurück, wenn sie nicht mehr als 90 Milligramm Arachidonsäure pro Tag zu sich nahmen. Es handelte sich allerdings um eine vergleichsweise kleine Studie, an der 60 Patienten bis zum Schluss teilnahmen. Ihnen ging es der Studie zufolge noch besser, wenn sie zusätzlich Fischöl-Kapseln einnahmen. Das könnte an den in den Kapseln enthaltenen Omega-3-Fettsäuren liegen.
„Zum Stillstand bringen sie die entzündlich bedingte Gelenkzerstörung letztendlich allerdings nicht», betont Hauner. Denn die eigentliche Gelenkzerstörung läuft über andere Mechanismen ab, auf die etwa eine Reduzierung der Arachidonsäure keinen Einfluss hat. Das bedeutet: Eine wurst- und fleischarme Kost verbunden mit der Einnahme von Fischöl-Kapseln kann zwar bei Arthritis hilfreich sein, sie ist aber kein Ersatz für die Einnahme von Medikamenten.
Gleiches gilt bei Gicht. Risikofaktoren für diese entzündliche Gelenkerkrankung sind üppige Mahlzeiten mit purinreichen Nahrungsmitteln und regelmäßiger reichlicher Alkoholgenuss, vor allem von Bier. Solche Ess- und Trinkgewohnheiten lassen den Harnsäurespiegel ansteigen. Als purinreich gelten Fleisch, Wurst und vor allem Innereien wie Nieren und Leber. Wenn Betroffene diese Nahrungsmittel sowie Alkohol meiden oder zumindest stark reduzieren, kann dies dazu beitragen, dass ein Gichtanfall ausbleibt. „Wenigstens ist aber die Intensität des schmerzhaften Anfalls reduziert“, erklärt Wechsler.
Fischöl-Kapseln wird nicht nur bei Arthritis, sondern generell eine entzündungshemmende Wirkung im Körper nachgesagt. Das ist allerdings umstritten. So konnten Forscher in einer Studie die schützende Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei ersten Anzeichen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachweisen. Genau das Gegenteil zeigte eine Untersuchung südkoreanischer Forscher. „Stichhaltige Belege für einen Nutzen der Kapseln fehlen also“, sagt Hauner. Er empfiehlt aber, dass auf dem Speiseplan möglichst zweimal pro Woche Fisch steht – auch wegen anderer wertvoller Inhaltsstoffe wie Eiweiß und Jod.
Fisch ist ein wichtiger Bestandteil der mediterranen Ernährung. Sie besteht auch aus Gemüse, Obst, Olivenöl, Vollkornprodukten und Nüssen. „Die Mittelmeerkost kann etwa Gicht, aber auch Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen günstig beeinflussen“, erklärt Hauner. Das zeigt zum Beispiel die spanische Predimed-Studie, an der in den Jahren 2003 bis 2010 an elf Krankenhäusern in Spanien 7447 Männer und Frauen im Alter von 55 bis 80 Jahren teilgenommen hatten. Die Probanden, die sich im Laufe der Studie strikt an die mediterrane Kost hielten, erlitten signifikant seltener Herzinfarkte oder
Schlaganfälle als andere Frauen und Männer, die an der Studie teilnahmen. Viele Erkrankungen entstehen durch eine zucker- und fettreiche Kost, die zu Übergewicht führt. Wer abnimmt und sich dann bei seiner Ernährung an der Mittelmeerkost orientiert, hat gute Chancen, dauerhaft sein Gewicht zu halten und gleichzeitig auch etwas gegen Erkrankungen zu tun. Obst und Gemüse sind nicht nur vitaminreich, sondern auch salzarm – ideal also, um zum Beispiel etwas gegen Bluthochdruck zu tun. Die DGE empfiehlt 650 Gramm Obst und Gemüse pro Tag. Das entspricht drei Portionen oder 400 Gramm Gemüse und zwei Portionen oder 250 Gramm Obst.
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