Südkorea

Mers-Ausbruch: Superverbreiter nachgewiesen dpa, 11.07.2016 08:14 Uhr

Superverbreiter gefunden: Bei der südkoreanischen Mers-Epidemie im Frühjahr 2015 hat ein einziger Patient gleich 82 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Foto: VM Corman
Seoul - 

Der Gast aus Zimmer 911 – auf diesen einen Mann gingen bei der Sars-Epidemie etwa die Hälfte aller erfassten Fälle zurück. Anhand von Kameraaufnahmen und Krankenakten belegen Forscher nun: Auch beim Mers-Ausbruch in Südkorea gab es einen solchen Superverbreiter.

Bei der südkoreanischen Mers-Epidemie im Frühjahr 2015 hat ein einziger Patient gleich 82 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Das zeigt eine im britischen Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlichte Studie. Die Autoren rekonstruierten anhand von Kameraaufnahmen und Krankenakten den Epidemie-Verlauf im Samsung Medical Center in Seoul und identifizierten den sogenannten Superverbreiter: „Patient 14“, 35 Jahre alt, Bettnachbar des Patienten, der das Virus eingeschleppt hatte.

In Südkorea war es zwischen Mai und Mitte Juli zum größten MERS-Ausbruch außerhalb des Nahen Ostens gekommen, 36 der insgesamt 186 Erkrankten starben. Mitgebracht hatte das Virus ein aus dem Nahen Osten heimkehrender 68-Jähriger.

Nicht dieser „Patient 1“ aber, sondern ein zeitweiser Bettnachbar habe besonders viele weitere Menschen angesteckt, berichten die Mediziner um Doo Ryeon Chung vom Samsung Medical Center. Die Männer hatten in einer Klinik in einem Zimmer gelegen, bevor klar wurde, dass der 68-Jährige mit Mers infiziert ist. Der 35-Jährige habe dann kurz darauf die völlig überfüllte Notaufnahme des Samsung Medical Center aufgesucht.

Über einen Zeitraum von nur drei Tagen erfasste das Virus von diesem „Patient 14“ ausgehend 41 Besucher, 33 andere Patienten und acht Krankenhausmitarbeiter. Das größte Ansteckungsrisiko hatten die Menschen im Umfeld, die sich für längere Zeit im selben Raum mit dem „Superspreader“ aufgehalten hatten – 20 Prozent von ihnen bekamen Mers.

Das Mers-Virus (Middle East Respiratory Syndrome-Coronavirus; Mers-CoV) wurde erstmals im Jahr 2012 bei einem 60-jährigen Mann in Saudi-Arabien gefunden, der bald darauf an einer Lungenentzündung starb. Seitdem wurde der Erreger nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei mehr als 1700 Menschen weltweit nachgewiesen, mehr als 600 von ihnen starben.

Ein großer Teil der Infektionen wird nach Experteneinschätzungen aber wegen kaum merklicher Symptome der Betroffenen gar nicht erkannt – und damit auch nicht erfasst.

Typische Symptome der zunächst grippeähnlichen Erkrankung sind bei schwererem Verlauf Fieber, Atemprobleme, Lungenentzündung, Durchfall und Nierenversagen. Das Mers-Virus gehört wie das Sars-Virus und viele Schnupfen- und Erkältungsviren zu den Beta-Coronaviren. An Sars waren 2002 und 2003 binnen weniger Monate rund 800 Menschen gestorben, Tausende infizierten sich.

Auch bei diesem Ausbruch ging ein großer Teil der Verbreitung auf einen einzelnen Mann zurück: einen Mediziner aus der südchinesischen Provinz Guangdong, der nach Hongkong reiste und – bereits schwer erkrankt – in einem Hotel eincheckte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) errechnet später, dass etwa die Hälfte der insgesamt rund 8000 weltweit registrierten Sars-Fälle auf den Mann aus Zimmer 911 zurückgehen.

Solche Superverbreiter werden auch bei anderen Krankheiten vermutet: Sie verbreiten aufgrund bestimmter körperlicher Voraussetzungen besonders viele Viren und stecken darum auch besonders viele andere Menschen an.