Onkologie

Cannabis killt Krebszellen APOTHEKE ADHOC, 20.04.2015 16:55 Uhr

Berlin - 

Wie genau mit Cannabis in der Schmerztherapie umgegangen werden soll, darüber scheiden sich die Geister. Dabei wirkt das Kraut längst nicht nur als Analgetikum. Immer mehr Untersuchungen zeigen das Potenzial des Wirkstoffs in zahlreichen Indikationen: Zwei aktuelle klinische Studien belegen etwa die Wirkung in der Krebstherapie und gegen epileptische Anfälle.

Krebsforscher der St. George's University in London haben herausgefunden, dass Cannabis das Gliom, einen Gehirntumor, zum Schrumpfen bringen kann. Die Wissenschaftler untersuchten die Effekte von zwei Cannabinoiden zunächst an Krebszellen in Glasschalen. Sie nutzten Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD). Zudem untersuchten sie die Wirkstoffe an weiblichen Mäusen.

Bei beiden Versuchen konnten die Gliomzellen reduziert werden. Demnach wirkten THC und CBD sowohl einzeln wie auch kombiniert. Laut der Studie ändern beide Wirkstoffe intrazelluläre Signalmoleküle. In kombinierter Form hätten die Wirkstoffe die zytotoxische Wirkung der Bestrahlung verstärkt: Die Forscher beobachteten eine dramatische Reduktion der Tumorgröße, wenn beide Cannabinodie gemeinsam mit einer ionisierenden Strahlung eingesetzt wurden. Demnach waren Zellen, die mit den Cannabinoiden behandelt worden waren, empfindlicher für die Strahlentherapie.

Gliome gehören zu den aggressivsten Tumoren. Laut den Forschern überleben nur 36 Prozent der Erkrankten das erste Jahr nach der Diagnose. Nur 10 Prozent überleben fünf Jahre. Die Forscher veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal „Molecular Cancer Therapeutics“ der American Association for Cancer Research.

Laut dem National Institute on Drug Abuse (NIDA) testen derzeit zudem präklinische und klinische Studien Marihuana und dessen Extrakte für andere Indikationen, darunter Autoimmunerkrankungen wie HIV/AIDS, Multiple Sklerose (MS) und Alzheimer sowie Entzündungen, Anfälle und psychische Störungen.

Auch bei Epilepsien könne die Droge eingesetzt werden: Laut dem Universitätsklinikum Freiburg zeigen epidemiologische Studien, dass die Einnahme von Cannabinoiden das Risiko für epileptische Anfälle reduziert. Bereits 1980 habe eine prospektive, randomisierte Doppelblindstudie an einer kleinen Patientenzahl eine gute antikonvulsive Wirkung gezeigt. Cannabinoide wirkten zudem neuroprotektiv gegenüber verschiedenen Boxen und schützten wahrscheinlich das Gehirn vor der exzessiven Freisetzung von Glutamat im Rahmen epileptischer Anfälle.

Eine aktuelle klinische Studie von New Yorker Wissenschaftlern bestätigt dies: Demnach konnte eine flüssige Form von Marihuana helfen, Anfälle bei einigen Kindern mit schwerer Epilepsie, bei denen anderen Behandlungen nicht halfen, vorbeugen. Das Ergebnis wurde in der Zeitschrift der Amerikanischen Akademie für Neurologie veröffentlicht.

213 Kinder und junge Erwachsene im Durchschnittsalter von elf Jahren nahmen an der Studie teil. Sie hatten zwölf verschiedene Typen von schwerer Epilepsie, darunter auch das Dravet-Syndrom und das Lennox-Gastaut-Syndrom, die zu geistiger Behinderung führen könnten.

Alle Probanden erhielten Cannabidiol. 137 Teilnehmer schlossen die zwölfwöchige Studie ab. Zwölf Teilnehmer brachen die Studie wegen Nebenwirkungen ab: Benommenheit, Müdigkeit, Durchfall oder Appetitlosigkeit traten bei 10 Prozent der Teilnehmer auf.

Im Schnitt ging die Anzahl der Anfälle bei den 137 Probanden während der Studie um 54 zurück. Zudem erlebten Patienten mit Dravet-Syndrom eine ähnliche Reduktion der Anzahl von Krampfanfällen. Die US-Zulassungsbehörde FDA hat kürzlich Epidiolex (Cannabidiol) zur Behandlung des Dravet Syndroms den Orphan-Drug-Status zuerkannt. Für die Personen mit Lennox-Gastaut-Syndrom, die die Studie beendeten, gab es eine 55-prozentige Reduktion atonischer Anfälle. Bislang sei unklar, wie genau das Cannabidiol bei der Reduzierung wirke, so die Forscher.

Die Studie wurde vom Hersteller GW Pharmaceuticals unterstützt. Das Unternehmen untersucht potenzielle therapeutische Anwendungen von Cannabinoiden und das Endocannabinoid-System für eine Vielzahl von Krankheitsgebieten. Bislang hat der britische Hersteller mit Sativex (Cannabis sativa) in verschiedenen Ländern ein Fertigarzneimittel zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) auf dem Markt.

Laut dem Hanfmuseum kann Cannabis zudem bei Asthma, bei Glaukomen, als Anorektikum und Appetitanreger bei der Chemotherapie helfen. Zudem habe CBD eine antimikrobielle und antibakterielle Wirkung.

Bis 1937 hätten nahezu sämtliche Hühneraugenpflaster, Senfpflaster, Muskelsalben und Rheumapackungen in erster Linie aus Cannabisauszügen zur Schmerzbehandlung bestanden. THC könne Herpesviren abtöten und als Schleimlöser wirken, da die Bronchien deutlich erweitert würden. Belegt sei auch, dass Cannabis-Rauchen den meisten Patienten mit Lungenemphysemen Linderung bringe.