Weichkapseln mit standardisiertem Weihrauchextrakt können die entzündliche Krankheitsaktivität der schubförmigen Multiplen Sklerose (MS) in der Magnetresonanztomographie (MRT) signifikant senken. Das geht aus neuen Erkenntnissen einer frühen Phase-II-Studie hervor.
Bisher werden bei der Therapie der MS chemisch und biotechnologisch hergestellte Arzneimittel eingesetzt, zusätzlich kann ein Spray auf Basis von Cannabis zur Behandlung der Spastiken eingesetzt werden. Die im „Journal of Neurology, Neurosurgery and Psychiatry“ veröffentlichte Saba-Studie gibt Hinweise, dass künftig möglicherweise eine weitere phytotherapeutische Maßnahme in Erwägung gezogen werden kann: luftgetrocknetes Gummiharz, das ein Gemisch aus ätherischen Ölen, Harzen, Schleim und Proteinen ist. In der Studie wurde der im Europäischen Arzneibuch (Ph.Eur.) als pflanzlicher Arzneistoff gelistete Indische Weihrauch (Boswellia serrata) verwendet.
Wissenschaftler haben die Therapie mit standardisiertem Weihrauchextrakt bei 28 Patienten untersucht, die an schubförmiger MS litten. Sie nahmen dreimal täglich über einen Zeitraum von acht Monaten Gelatinekapseln mit je 400 mg standardisierten Weihrauchextrakt ein, die von dem in der Schweiz ansässigen Alpinia Laudanum Institut für Pharmazeutische Wissenschaften speziell für die Studie hergestellt wurden. Den Ergebnissen zufolge konnten die im Rahmen der Erkrankung auftretenden Entzündungen signifikant gesenkt werden.
Bislang ist unter anderem bekannt, dass die im Weihrauch enthaltenen Boswelliasäuren die Entzündungsreaktion verringern, indem sie die Synthese von Prostaglandin E2 unterbinden. 3-O-Acetyl-11-keto-β-boswelliasäure (AKBA) wirkt beispielsweise entzündungshemmend, indem sie die Leukotrienbiosynthese reduziert.
Die Studie wurde unter der Leitung von Dr. Klarissa Stürner und Professor Dr. Christoph Heesen am Institut für Neuroimmunologie und Multiple Sklerose am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf und dem NeuroCure Clinical Research Center der Charité Berlin durchgeführt und war durch das Bundesforschungsministerium (BMBF) im Rahmen des Konsortiums New Drugs Against Neurological Diseases (NEU²) gefördert.
„Die Studienergebnisse haben unsere Erwartungen insbesondere in der Zusammenschau der positiven Effekte der Weihraucheinnahme auf bildgebende, klinische und immunologische Messwerte übertroffen“, sagen die beiden verantwortlichen Studienleiter. „Sie sind jedoch vor allem als Aufforderung für die Durchführung einer kontrollierten Phase-II- oder Phase-III-Studie anzusehen“, sagt Stürner. Das nächste Ziel sei daher die Gewinnung eines Sponsors zur Weiterführung dieses vielversprechenden Therapieansatzes.
Aufgrund der guten Verträglichkeit und geringen Nebenwirkungen könnte Weihrauch insbesondere bei Patienten, deren Symptome nicht stark ausgeprägt sind und die erst seit Kurzem erkrankt sind, eine weitere Therapiemöglichkeit sein. „Hierzu sind jedoch weitere Studien erforderlich“, so die Studienärztin. Von der eigenständigen Einnahme von frei verkäuflich erhältlichen Weihrauchpräparaten raten die Wissenschaftler daher ausdrücklich ab.
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