Linderung psychischer Belastungen

Studie: Psilocybin als Palliativtherapie

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Berlin -

Die erste vollständig von der EU finanzierte Psilocybin-Therapiestudie hat die Genehmigung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) erhalten. In vier europäischen Ländern – Dänemark, Portugal, den Niederlanden und Tschechien – wird das Potenzial des Wirkstoffs zur Linderung psychischer Belastungen bei Palliativpatient:innen untersucht.

Psilocybin ist ein psychoaktiver Wirkstoff, der in verschiedenen Pilzarten vorkommt, insbesondere in den sogenannten „Magic Mushrooms“ der Gattung Psilocybe. Dieser hat in den letzten Jahren zunehmendes Interesse als Therapieansatz für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angstzustände geweckt. Nach der Einnahme wird der Stoff im Körper schnell zu Psilocin metabolisiert, dem eigentlichen psychoaktiven Agonisten an Serotoninrezeptoren. Es wird angenommen, dass der Wirkstoff die neuronale Plastizität fördert, was zu einer verstärkten Vernetzung zwischen verschiedenen Hirnregionen führt und die Flexibilität der neuronalen Kommunikation erhöht.

Die erste vollständig von der EU finanzierte Psilocybin-Therapiestudie hat nun die EMA-Zulassung erhalten. In vier Ländern – Dänemark, Portugal, den Niederlanden und Tschechien – wird das Potenzial des Stoffs zur Linderung psychischer Belastungen bei Palliativpatient:innen untersucht. Die randomisierte Kontrollstudie wurde von einem paneuropäischen Konsortium aus Pflegefachkräften, Expert:innen und Forschenden initiiert.

Als Industriepartner unterstützt das Biotech-Unternehmen Avextra das Projekt. Avextra liefert die klinischen Prüfmuster und ist maßgeblich an der angestrebten Zulassung beteiligt. Die Finanzierung erfolgt durch Horizon Europe, das wichtigste Förderprogramm der EU für Forschung und Innovation, mit einem Zuschuss von 6,5 Millionen Euro.

Die Studie „PsyPal“ ist die erste, die die Sicherheit, Wirksamkeit und langfristigen Auswirkungen der Psilocybin-Therapie bei Patient:innen mit fortschreitenden Krankheiten wie COPD, Multiple Sklerose (MS), Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und atypischer Parkinson-Krankheit untersucht. Ein weiterer Fokus liegt auf der umfassenden Versorgung von Patient:innen und deren Familien sowie der Wirkung von Patientenzugangsmodellen auf das Pflegepersonal. Das Konsortium umfasst 19 Organisationen aus neun Ländern und wird vom Universitätsklinikum Groningen koordiniert.

Aktueller Forschungsstand

In den letzten Jahren hat die Forschung zur Behandlung psychischer Erkrankungen mit Psilocybin zugenommen. Seit 2014 wird es beispielsweise durch das Imperial College London als mögliche Behandlung für Suchtkrankheiten wie Alkohol- und Tabaksucht untersucht. Außerdem wird es seit 2018 wird es an der Johns Hopkins University und der NYU Langone Health als mögliche Therapie für therapieresistente Depressionen in Kombination mit Psychotherapie untersucht, um nur zwei Beispiele zu nennen. 2018 erhielt Psilocybin von der FDA den Status einer „Durchbruchstherapie“ („Breakthrough Therapy Status“) für therapieresistente Depressionen, was die Zulassung des Medikaments beschleunigte.

Seit dem 1. Juli 2024 ist der Wirkstoff in Australien zur Therapie von posttraumatischen Belastungsstörungen und Depressionen zugelassen. Australien ist damit das erste Land, das Psilocybin für diese therapeutischen Anwendungen legalisiert hat. In Deutschland ist die Substanz weiterhin illegal.

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