Der Dopamin-D2-Rezeptor (D2D) spielt eine bedeutende Rolle in der Nahrungsaufnahme und verursacht bei Aktivierung unter anderem Glücksgefühle. Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen/Nürnberg haben mithilfe von computergestützter Methoden mehr als 13.000 Inhaltsstoffe aus Lebensmitteln, Arzneipflanzen und Lebensmittelverunreinigungen durch ein virtuelles Sieb gegeben und im Hinblick auf eine Interaktion mit D2D untersucht: Sieger war Hordenin, ein Alkaloid aus dem Bier.
Von den 13.336 analysierten Molekülen kamen für die Forscher nach mehreren Schritten zunächst 17 infrage, darunter Inhaltsstoffe aus Kartoffeln und Schokolade. Das Belohnungszentrum im Gehirn konnte den Ergebnissen zufolge am besten vom Inhaltsstoff des Bieres aktiviert werden. „Wir legen nahe, dass Hordenin signifikant zu dem stimmungssteigernden Effekten von Bier beiträgt“, schreiben die Wissenschaftler. Die Studienergebnisse wurden im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Im Nucleus accumbens befinden sich Dopaminrezeptoren vom Typ D2, deren Stimulation durch die dopaminergen Afferenzen der Area tegmentalis ventralis mit der Erwartung eines Glücksgefühls in Verbindung gebracht wird. Viele euphorisierende Substanzen interagieren mit diesem Rezeptor und verursachen ein positives Gefühl beim Konsumenten. Auch das Glücksgefühl, das bestimmte Lebensmittel hervorrufen, ist auf die Wirkung des biogenen Amins zurückzuführen.
Um herauszufinden, ob spezielle Inhaltsstoffe in Lebensmitteln D2R aktivieren, haben sich die Wissenschaftler vom Henriette Schmidt-Burkhardt Lehrstuhl für Lebensmittelchemie zusammen mit Kollegen des Computer-Chemie-Centrums (CCC) des virtuellen Screenings bedient. Bei dieser Methode werden die Moleküle am Computer statt im Labor analysiert. Mithilfe von Referenzsubstanzen können beispielsweise so strukturell verwandte Substanzen mit ähnlicher Bioaktivität erschlossen werden.
Dazu erstellten die Forscher eine virtuelle Datenbank aus mehreren tausend Verbindungen mit ihrer dreidimensionalen Struktur. Danach suchte das Computerprogramm nach chemisch ähnlichen Molekülen mit hoher Chance auf biologische Aktivität, indem es berechnete, welche Verbindungen wahrscheinlich mit dem Rezeptor wechselwirken können. Das Screening wurde ligandbasiert mit bekannten pharmazeutisch verwendeten Agonisten und Antagonisten des D2-Rezeptors, bekannt aus der Parkinson- oder Schizophrenie-Therapie, oder strukturbasiert über die 3D-Struktur des Rezeptors durchgeführt.
Nach mehreren Prozessen wurde schließlich die Zahl der potenziellen Strukturen auf ein Bruchteil der ursprünglichen Anzahl der Verbindungen reduziert. „Es ist schon überraschend, dass – ohne dass wir speziell in der Gruppe der Genussmittel gesucht haben – ein Inhaltsstoff von Bier zur Aktivierung des Dopamin-D2-Rezeptors führt“, sagt Professor Dr. Monika Pischetsrieder, Lehrstuhlinhaberin für Lebensmittelchemie.
Die Wissenschaftler haben weiterhin die fünf biologisch aktivsten Moleküle im Hinblick den Signalweg analysiert. Sie haben herausgefunden, dass Hordenin im Gegensatz zu Dopamin den Rezeptor ausschließlich über G-Proteine aktiviert. Dies könnte zu einer längerfristigen Wirkung auf das Belohnungssystem führen. Ob die im Genussmittel enthaltenen Mengen des Alkaloids für eine ausgeprägte Beeinflussung des Belohnungszentrums im Gehirn ausreichend sind, ist aktuell Gegenstand der Forschung.
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