Stoffwechselerkrankungen

Malariamittel gegen Typ-1-Diabetes

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Berlin -

Die pflanzliche Verbindung Artemisinin ist für die Behandlung von Malaria zugelassen und kann die Zukunft für die Therapie von Typ-1-Diabetikern sein. Forscher fanden heraus, dass Artemisinin Glukagon-produzierende Alpha-Zellen in insulinproduzierende Beta-Zellen umwandelt. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Cell“ veröffentlicht.

Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der die Abwehrzellen des Immunsystems die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstören. Die typischen Symptome wie Durst, Juckreiz, verstärkter Harndrang, Müdigkeit und Gewichtsverlust treten jedoch erst auf, wenn etwa 80 Prozent der insulinproduzierenden Beta-Zellen zerstört sind. Bislang können Betroffene mit dem Spritzen von Insulin behandelt werden.

Die Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüsen sind die Steuerzentrale des Blutzuckerspiegels. Beta-Zellen senken ihn durch die Bildung von Insulin, Alpha-Zellen lassen ihn ansteigen durch die Bildung von Glukagon. Die Zellen sind in ihrer Art flexibel. Sinkt der Anteil an Beta-Zellen stark, gleichen Alpha-Zellen den Verlust durch eine Umwandlung aus. Der genetische Hauptschalter Arx spielt dabei eine wichtige Rolle.

Arx reguliert Gene, die für die Funktion der Alpha-Zellen von Bedeutung sind. Schaltet man Arx aus, wandeln sich die Zellen um. Das Artemisinin aus dem einjährigen Beifuß führt durch die Umwandlung der Alpha- in Beta-Zellen zu einer Insulinproduktion. Die Pflanzeninhaltsstoffe binden an das Protein Gephyrin, das die Gaba-Rezeptoren aktiviert. Über zahlreiche biochemische Prozesse erfolgt schließlich die Umwandlung der Zelle. Ein Maus-Modell konnte zeigen, dass die Injektion von Gaba zum Zellumwandlung führt.

Bei diabetischen Fischen, Ratten und Mäusen führte Artemisinin zu einer Erhöhung der Beta-Zellmasse und einer Normalisierung des Blutzuckerspiegels. Die Bindungspartner des Wirkstoffes bei den Tieren könnten mit großer Wahrscheinlichkeit denen des Menschen ähneln und einen vergleichbaren Effekt verursachen, so die Forscher.

Die Therapie am Menschen müsse noch langfristig getestet werden, ebenso sei bislang ungeklärt, ob eine dauerhafte Regeneration der Alpha-Zellen beim Menschen möglich sei. Es müssten zusätzlich Wege gefunden werden, wie man die Beta-Zellen vor der Zerstörung des Immunsystems schützen könne. Die Arbeiten standen unter Federführung des Research Center für Molecular Medicine (CeMM) der österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Artemisinin wird durch Extraktion gewonnen und gilt als Malariawirkstoff. Die Pflanze wird hauptsächlich in China angebaut und ist stark von den Witterungen abhängig. Ernteausfälle können den Preis stark ansteigen lassen. Ohnehin sind große Anbauflächen nötig, um eine ausreichende Menge an Wirkstoff zu produzieren, da die Pflanzen einen geringen Gehalt ausweisen. Die angebaute Menge an Beifuß reiche bei weitem nicht aus, um den Weltmarktbedarf zu decken. Eine Totalsynthese des Wirkstoffen sei zu aufwendig und unwirtschaftlich. Wird eine kostengünstigere Teilsynthese aus der pflanzlichen Vorstufe Dihydroartemisininsäure entwickelt, ließe sich die Nachfrage decken.

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