Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung hat gemeinsam mit einem Forscherteam des Twincore-Zentrums für experimentelle und klinische Infektionsforschung und der Umea Universität in Schweden untersucht, inwiefern Statine eine Infektion mit Sars-CoV-2 begünstigen oder nicht. Sie kommen zu dem Schluss, dass eine Therapie gefahrlos fortgesetzt werden kann und dass von den Cholesterinsenkern kein Risiko für eine Covid-Erkrankung ausgeht.
Statine gehören zu den sogenannten Hemmern der HMG-CoA-Reduktase. Dieses Enzym ist ein Zwischenprodukt der Cholesterinneusynthese. Sie unterdrücken die Bildung des Cholesterins, dies wird mit einer verstärkten Aufnahme aus dem Blutplasma kompensiert. Indiziert bei Hypercholesterinämie und auch zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse sind die Arzneistoffe wie Simvastatin, Atorvastatin, Lovastatin, Fluvastatin und Pravastatin. Die Therapie mit Statinen bewirkt eine deutliche Reduktion an Herzinfarkten und Todesfällen.
Da hohe Blutfettwerte häufig in Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen, gelten Patient:innen, die Statine einnehmen, als Risikogruppe für schwere Covid-Verläufe. Nun gibt es jedoch neue Erkenntnisse in Bezug auf Statine und Covid-19. Die Cholesterinsenker könnten sich möglicherweise sogar positiv auf eine Erkrankung auswirken.
Denn wie die Wissenschaftler:innen erläutern, zeigten bereits frühere Studien, dass es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Statinen und einer geringeren Sterblichkeit bei Covid-19 gibt. „Andererseits wird vermutet, dass Statine die Expression des ACE-2-Rezeptors von Sars-CoV-2 verstärken, mit dem das Virus an die Zellmembran andockt.“ Welchen Einfluss das auf den Zelleintritt und die Replikation des Virus hat, war jedoch bisher nicht bekannt.
Das Team untersuchte, wie gut mit verschiedenen Lipidsenkern vorbehandelte Zellen im Labor mit dem Coronavirus 229E infiziert werden können – dieses harmlose Erkältungsvirus ist eng mit Sars-CoV-2 verwandt. „Zellen, die mit Statinen behandelt waren, wurden in geringerem Maße mit dem Coronavirus 229E infiziert“, berichtet die Studienleiterin Professorin Dr. Gisa Gerold.
Anschließend wurden die Versuche auch mit Sars-CoV-2 durchgeführt, um die Ergebnisse zu überprüfen. „Vor allem in der Kulturflüssigkeit der mit Fluvastatin vorbehandelten Zellen haben wir niedrigere Konzentrationen des Virus gemessen.“ Das deute darauf hin, dass der Wirkstoff zumindest keinen verstärkenden Effekt auf die Empfänglichkeit der Zellen für Sars-CoV-2 habe. An drei Atemwegsepithelkulturen wurden die Befunde erneut bestätigt. „Auch wenn wir nur einen milden positiven Effekt beobachtet haben, können wir zumindest schlussfolgern, dass die Einnahme von Statinen gefahrlos fortgesetzt werden kann“, schlussfolgert Gerold.
Statine senken den Spiegel des „bösen“ Cholesterins im Blut, dem LDL (Low-densitity Lipoprotein). LDL ist hauptverantwortlich für die meisten Cholesterin-bedingten Schäden des Körpers. Eine cholesterinreduzierte Diät erhöht die Effektivität der Senkung des Cholesterinspiegels. Die Tabletten sollten abends eingenommen werden, da die körpereigene Cholesterinsynthese nachts am höchsten ist und so gehemmt werden kann.
Unter der Therapie mit Statinen können häufig Myalgien (Muskelschmerzen) und Myopathien (entzündliche oder degenerative Muskelerkrankungen) auftreten. Selten kann es zu einer Rhabdomyolyse führen. Dieser Begriff bezeichnet einen Muskelzelluntergang in der Skelett- und Herzmuskulatur. Mögliche Folgen sind akutes Nierenversagen. Das Risiko ist dabei dosisabhängig.
Weitere Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Exantheme sowie Schlafstörungen. Bei Patient:innen mit Risikofaktoren für eine Rhabdomyolyse, Lebererkrankungen und erhöhten Serum-Transaminasewerten sind Statine kontraindiziert. Weitere Wechselwirkungen bestehen beispielsweise bei Amiodaron, Verapamil, Amlodipin und Diltiazem.
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