Morbus Parkinson

Stammzellen verbessern Motorik

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Berlin -

Der Verlust der Motorik trägt bei einer Parkinson-Erkrankung maßgeblich zur Minderung der Lebensqualität bei. Forscher konnten nun einen neuen Therapieansatz ermitteln: Körpereigene Stammzellen könnten die motorischen Fähigkeiten der Patienten verbessern. Die Ergebnisse wurden im „New England Journal of Medicine“ vorgestellt.

Die vorgestellte Therapie des McLean Hospitals in Boston ist bisher einzigartig: 2017 wurden aus der Hautprobe eines 69 Jahre alten Patienten Stammzellen gewonnen, die von den Forschern im Labor in dopaminproduzierende Zellen umprogrammiert wurden. Dazu wurden die aus der Probe gewonnenen Fibroblasten isoliert und in sogenannte „induzierte pluripotente Stammzellen (iPS)“ umgewandelt. Diese wiederrum wurden in dopaminerge Vorläuferzellen differenziert und schließlich dem Patienten durch Implantation in eine bestimmte Gehirnregion wieder zugeführt. Nach sechs Monaten wurde der Vorgang auch auf der rechten Seite der entsprechenden Hirnregion wiederholt.

Aus der Haut ins Gehirn

Mithilfe von verschiedenen Untersuchungen können die Forscher die Funktion der implantierten Zellen ermitteln. Dafür kam eine sogenannte „Positronen-Emissions-Tomografie“ zum Einsatz, bei der eine Substanz verwendet wird, die an das Enzym DOPA-Decarboxylase bindet. Dieses Enzym ist maßgeblich an der Produktion des Neurotransmitters Dopamin beteiligt. Während die Forscher zunächst schon einen Untergang der Zellen aufgrund zurückgehender Signale befürchtete, zeigte sich nach drei Monaten eine erhöhte Produktion von Dopamin. Über 24 Monate hinweg wurde der Patient in Bezug auf seine Motorik beobachtet und untersucht – dabei verbesserten sich die motorischen Fähigkeiten merklich, die Lebensqualität wurde sogar deutlich verbessert. Die Beurteilung fand anhand von bewährten Skalen und Fragebögen statt.

Keine Dosisanpassung erforderlich

Normalerweise muss die Medikamentendosis im Verlauf der Erkrankung immer weiter angehoben werden, um die Symptome kotrollieren zu können. Der Patient wird jedoch auch zwei Jahre nach der Implantation noch mit den gleichen Medikamenten behandelt wie vorher. Die Levodopa-Äquivalente konnten außerdem von 904 mg auf 847 mg gesenkt werden – das macht einen Rückgang um sechs Prozent.

Der von den Medizinern behandelte Patient hat das Forschungsprojekt zu großen Teilen selbst finanziert. Um die Stammzell-Therapie bei Parkinson-Patienten weiter zu erforschen müssten nun weitere Studien mit einer größeren Patientenanzahl folgen. Dabei müsste die Therapie zudem mit Placebo verglichen werden, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

Parkinson: Krankheitsbild und Behandlungsoptionen

Morbus Parkinson kann bislang nur symptomatisch therapiert werden. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch den Untergang dopaminerger Neuronen. Die vier Hauptsymptome sind Rigor, Bradykinese bin hin zu Akinese, Tremor sowie posturale Instabilität. Therapeutisch kommt derzeit in erster Linie Levodopa – die Dopamin-Vorstufe – zum Einsatz. Weiterhin können Dopaminrezepor-Agonisten wie Ropinirol und Pramipexol, Muscarinrezeptor-Antagonisten wie Biperiden, MAO-B-Hemmer (Selegilin, Rasagilin), COMT-Hemmer (Entacapon, Tolcapon), NMDA-Antagonisten (Amantadin) sowie Anticholinergika eingesetzt werden.

Weltweit sind rund zehn Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen, die zu den häufigsten Krankheiten des Nervensystems zählt. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. Es werden verschiedene Formen der Parkinson-Erkrankung unterschieden, der Großteil der Fälle geht auf das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) zurück, das keine bekannte Ursache hat. Daneben kann die Krankheit als Folge anderer neurologischer Pathomechanismen auftreten oder auch genetisch bedingt sein. Sind Ursachen bekannt, beispielsweise Arzneimittel oder Tumor, ist die Rede von einem symptomatischen Parkinson-Syndrom.

Stammzellen in der Medizin

Die Verwendung von Stammzellen war lange Zeit umstritten, da Föten als Spender benötigt wurden. Durch die Entwicklung der iPS-Zellen hat sich die ethische Problematik jedoch gelöst: Die Stammzellen können aus körpereigenen Hautzellen gewonnen werden – Zellspender sind daher nicht notwendig. Außerdem sind keine Abstoßungsreaktionen vom Körper zu erwarten, da es sich um körpereigene Zellen handelt. Die Patienten müssen daher nach der Implantation nicht mit Immunsuppressiva behandelt werden. Anfängliche Bedenken gegenüber iPS-Zellen haben sich mittlerweile ebenfalls relativiert: Zu Beginn wurde befürchtet, dass sich Gene an falscher Stelle in die Zell-DNA einbauen könnten und es dadurch zu Krebswachstum kommen könnte.

 

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