Sprühstoß gegen Influenza: Der Lama-Super-Antikörper APOTHEKE ADHOC, 06.11.2018 13:36 Uhr
Die Grippeimpfung ist der effektivste Schutz gegen Influenza, jedoch muss jedes Jahr aufs Neue geimpft werden. Der Grund: Influenzaviren verändern ihr Hämagglutinin kontinuierlich, so dass der Aufbau eines Immunschutzes nicht möglich ist. Auch der Einsatz von Antikörpern zur passiven Immunisierung war aus denselben Gründen bislang schwierig zu entwickeln. Eine Studie an Mäusen liefert vielversprechende Ergebnisse, wie mit einem Super-Antikörper, der in Lamas generiert wurde, ein Grippeschutz erreicht werden kann. Die Studie wurde im Fachmagazin „Science“ veröffentlicht.
Ein Team aus Forschern des Pharmakonzerns Janssen sowie aus US-Wissenschaftlern hat eine neuartige Vakzine zur passiven Immunisierung entwickelt, die es möglich macht, auch ältere Patienten vor einer Influenza zu schützen. Senioren zählen zur Risikogruppe, weil sie aufgrund der Immunoseneszenz nur noch wenige Antikörper entwicklen können – was wiederum die Wirksamkeit der Impfung herabsetzen kann. Das Team hat es geschafft, einen Antikörper zu konzipieren, der gegen verschiedene Stämme wirksam ist. Gelungen ist dies mit Hilfe von Lamas.
Lamas sind eher als Lastenstiere und spuckende Artgenossen bekannt. Für das Forscherteam sind die Herdentiere jedoch mehr, denn sie können den 4-in-1-Antikörper gegen Influenza produzieren. Die Tiere haben den Vorteil, dass sie kleine Antikörper bilden. Die Lamas wurden mit unterschiedlichen Influenzaviren infiziert und entwickelten breit neutralisierende Antikörper. Diese wurden von den Forschern entnommen und daraus ein synthetischer Antikörper produziert. Dazu wurde ein Gen konstruiert, das ein Protein aus Nanokörpern exprimiert, die von den vier Antikörpern der Lamas stammen. Im nächsten Schritt wurde das manipulierte Gen in ein gutartiges Virus – einen Adenovirus – verpackt.
Der Super-Antikörper wurde als Nasenspray an Testmäusen untersucht. Die Tiere wurden mit 59 verschiedenen Grippeviren – die auch beim Menschen eine Infektion auslösen können – infiziert. Die Nager wurden auch mit Viren behandelt, die in der Regel tödlich sind, aber in Folge der Impfung überlebten fast alle Mäuse. Die synthetische Vakzine konnte die getesteten Virusstämme erfolgreich abwehren. Die Versuchstiere hatte über mehrere Monate Antikörper gebildet. Dies ermöglicht eine nasale Impfung pro Grippesaison, allerdings ohne jedes Jahr einen neuen Antikörper zu produzieren, auch wenn die Grippeviren sich genetisch ändern.
Bislang legt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Antigenkombination des Impfstoffs für die kommende Saison fest. Danach werden die entsprechenden Vakzine produziert. In der Regel gibt die WHO die Zusammensetzung im ersten Quartal bekannt. „Die jährliche Auswahl der Impfstämme stellt viele Herausforderungen dar. Eine schlechte Übereinstimmung mit zirkulierenden Viren kann zu einer suboptimalen Wirksamkeit führen“, so die Forscher.
Die Wissenschaftler geben jedoch zu bedenken, dass weitere Tests erforderlich sind. Bislang sei noch nicht klar, ob All-in-One-Antikörper vom menschlichen Immunsystem als Feind betrachtet werde und eine entsprechende Immunreaktion in Gang gesetzt werde. Das Team gibt sich jedoch zuversichtlich.
Auch in diesem Jahr läuft um die Grippeimpfstoffe nicht alles glatt. Die bislang freigegebenen Chargen liegen unter Vorjahresniveau. Die meisten Hersteller melden zwar, alle Vorbestellungen beliefert, aber auch die produzierte Ware bereits abverkauft zu haben. Apotheken und Ärzte könnten das Nachsehen haben, wenn sie keine Vorbestellungen abgegeben haben. In puncto Verteilung gibt es regionale Unterschiede. Während Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der Vereinbarung zwischen AOK Nordost und Apothekerverbänden gut versorgt sind, haben Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Probleme. Die Politik zeigt sich überrascht.