Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat Alexion seine Empfehlung für die Zulassungserweiterung von Soliris (Eculizumab) ausgesprochen. Eine Entscheidung wird innerhalb von zwei Monaten erwartet.
Derzeit ist Soliris in Deutschland für die Behandlung der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH) und Myasthenia gravis indiziert. Die Zulassung könnte bald auf die Behandlung von Neuromyelitis optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) bei Patienten, die positiv für Anti-Aquaporin-4(AQP4)-Antikörper sind und einen schubförmigen Krankheitsverlauf zeigen, ausgeweitet werden. Die positive Stellungnahme des CHMP basiert auf den Ergebnissen der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-3-Studie „Prevent“, welche im New England Journal of Medicine veröffentlicht wurde.
NMOSD-Patienten, die AQP4-Antikörper-positiv waren, wurden in der Studie mit bestehender Therapie plus Soliris oder bestehender Therapie plus Placebo behandelt. Primärer Endpunkt war die Dauer bis zum ersten Schub gemäß der Bestätigung durch ein unabhängiges und für die Behandlung verblindetes Komitee. Die Studie zeigte einen signifikanten Effekt von Eculizumab im Vergleich zu Placebo: Nach 48 Wochen waren 98 Prozent der mit Soliris behandelten Patienten rückfallfrei, bei Placebo waren es hingegen nur 63 Prozent. Der positive Effekt wurde über 144 Behandlungswochen beobachtet. Dabei zeigten die mit Soliris behandelten Patienten eine ähnliche Verbesserung der Dauer bis zum ersten bestätigten Schub mit oder ohne begleitende IST-Therapie.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren mit 29 Prozent eine Infektion der oberen Atemwege, in der Placebogruppe waren es nur 13 Prozent. Außerdem kam es zu Nasopharyngitis (21 vs. 19 Prozent), Durchfall (16 vs. 15 Prozent), Rückenschmerzen (15 vs. 13 Prozent) und Schwindel (15 vs. 13 Prozent).Schwerwiegende Nebenwirkungen, von denen bei mehr als einem Patienten in beiden Gruppen berichtet wurde, waren Lungenentzündung, Cellulitis, Sepsis und Harnwegsinfektionen. Während der Studie gab es einen Todesfall: Eine Patientin, die Soliris und das begleitende, unterstützende IST erhielt, starb an einem infektiösen Pleuraerguss. Die Patientin hatte eine lange Vorgeschichte mit Lungenerkrankungen und war aktive Raucherin.
Soliris ist ein Komplement-Inhibitor und der erste Vertreter einer Arzneimittelklasse, die über eine Hemmung des C5-Proteins der Komplement-Kaskade wirkt. Dieser Teil des Immunsystems spielt eine Rolle bei der Entstehung von Erkrankungen wie der Paroxysmalen Nächtlichen Hämoglobinurie (PNH), dem atypischen hämolytisch-urämischen Syndrom (aHUS), der AChR-Antikörper-positiven generalisierten Myasthenia gravis (gMG) und den Aquaporin-4(AQP4)-Antikörper-positiven Neuromyelitis optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD).
Seit 2003 ist der Wirkstoff zur Behandlung der PNH in der EU zugelassen, 2014 wurde die Zulassung um die Behandlung der Myasthenia gravis erweitert. Das Arzneimittel wird als intravenöse Infusion verabreicht: Dosiert wird entsprechend der Erkrankung und bei Patienten jünger als 18 Jahren nach dem Körpergewicht. In den ersten vier Behandlungswochen wird Soliris einmal wöchentlich injiziert gefolgt und nach vorgeschriebenem Dosierschema schließlich nur noch alle zwei Wochen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA erteilte Soliris am 27. Juni die Zulassung zur Behandlung von NMOSD bei erwachsenen Patienten, die Aquaporin-4(AQP4)-Antikörper-positiv sind. In Japan wird der Zulassungsantrag von Alexion derzeit geprüft. Soliris gilt für die Behandlung von NMOSD in den USA, der EU und Japan als Orphan Drug. Für NMOSD gibt es derzeit in Europa keine zugelassenen Therapien.
NMOSD sind seltene und schwerwiegende entzündliche Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS). Bei der Entstehung spielen die AQP4-Antikörper eine wesentliche Rolle. Die Krankheit ist durch plötzliche und unvorhersehbare Schübe gekennzeichnet. Durch jeden Schub kommt es zu einer schrittweisen Verschlechterung. In Folge kann es zu Blindheit und Lähmungen kommen. Außerdem führt die Krankheit häufig zu einem vorzeitigen Tod. NMOSD kommt häufig bei jungen Frauen vor und tritt durchschnittlich erstmals im Alter von 39 Jahren auf. Die Diagnose ist schwierig: Häufig wird NMOSD mit anderen neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose verwechselt, wodurch die Behandlung verzögert wird.
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