Ärzte ohne Grenzen (ÄoG) sowie weitere Organisationen aus 17 Ländern legten heute beim Europäischen Patentamt (EPA) Einspruch gegen das Patent von Sofosbuvir von Gilead ein. Dem US-Konzern ermögliche das Patent eine Monopolstellung in der Behandlung von Hepatitis C. So könnten exorbitant hohe Preise veranschlagt und somit Millionen von Menschen von der Behandlung ausgeschlossen werden.
Der Einspruch soll die Herstellung kostengünstiger Generika ermöglichen und somit den weltweit an Hepatitis C erkrankten Menschen eine bezahlbare Behandlung mit dem lebenswichtigen Medikament ermöglichen. „Patente sind die Grundlage der überhöhten Preise, die Patienten und Gesundheitssysteme in Europa belasten“, sagt François De Keersmaeker, Direktor von Ärzte der Welt Deutschland am Montag.
„Sofosbuvir ist so teuer, dass Millionen Menschen mit Hepatitis C derzeit nicht mit dem Medikament behandelt werden können”, mahnte der Hepatitis-C-Experte der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen, Dr. Isaac Chikwanha. „Weltweit leben rund 80 Millionen Menschen mit Hepatitis C. Doch in vielen Ländern wird die Behandlung rationiert oder ist gar nicht verfügbar, zum Beispiel in Russland, Thailand oder Brasilien. Jeder, der das Medikament braucht, sollte es auch bekommen können – auch Patienten in Europa.”
Der Wirkstoff habe die Heilungsraten massiv verbessert und ist Bestandteil vieler Kombinationsbehandlungen der Lebererkrankung. In Europa fallen für eine zwölfwöchige Behandlung mit Sofosbuvir Kosten von bis zu 55.000 Euro an. In den USA kostet eine Tablette etwa 1000 US-Dollar, in der Herstellung fallen laut Studien jedoch nur Kosten von etwa einem Dollar an.
Gilead hatte das Patent im Juni 2016 angemeldet, als bereits ein Einspruch von Ärzte der Welt lief. Im Oktober schränkte das EPA dieses Patent ein. Direkte Konsequenzen für die Behandlung hunderttausender Menschen hatte die Entscheidung nicht. Beide Seiten werteten die Entscheidung als Erfolg, legten aber Rechtsmittel ein. Darüber muss das EPA noch entscheiden.
In Deutschland leiden rund 270 000 Menschen an Hepatitis C. Laut Ärzte der Welt kostet eine zwölfwöchige Behandlung hierzulande rund 43.000 Euro. Überhöhte Preise verhinderten in vielen Ländern den Zugang zu lebensrettenden Medikamenten.
„Gileads Patentmonopole auf Sofosbuvir machen eine bezahlbare Behandlung von Hepatitis C zum Beispiel mit generischen Versionen des Medikaments in vielen, auch europäischen Ländern unmöglich“, sagt Marco Alves von der Medikamentenkampagne. „Dieses Patent kann und sollte angefochten werden, denn die wissenschaftlichen Verfahren hinter Sofosbuvir sind nicht neu.“
Ein erfolgreicher Einspruch in Europa hätte auch eine wichtige Signalwirkung für andere Regionen und Länder, in denen die hohen Preise den Zugang zu Sofosbuvir einschränken. In China und der Ukraine wurden Patente auf Sofosbuvir bereits aufgehoben. In weiteren Ländern, darunter Argentinien, Indien, Brasilien, Russland und Thailand, laufen die Verfahren noch. Ärzte ohne Grenzen behandelt Patienten mit Hepatitis C unter anderem in Myanmar, Indien, Pakistan, Russland und Usbekistan.
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