Je individueller und passgenauer Medikamente für einen Patienten sein sollen, insbesondere im Kampf gegen Krebs, je schwieriger wird der Produktionsprozess. Genau hier setzt Siemens an und will in den kommenden Jahren der Pharmaindustrie das entsprechende Equipment zur Verfügung stellen.
Im Living Lab Process Industries am Siemens-Standort Wien werden die technischen Stellschrauben für dieses individuelle „Making-of” der Medikamentenproduktion entwickelt, gefertigt und feinjustiert. Living Lab steht für die Digitalisierung von Bioprozessen. Die gewonnenen Erkenntnisse können zum Beispiel Türöffner für personalisierte Medizin sein.
In Zukunft könnten so auch Therapien, die speziell auf die DNA eines Patienten abgestimmt sind, für eine große Zahl von Erkrankten zugänglich und damit auch bezahlbar gemacht werden. Die schon vorhandenen Therapie-Ansätze anderer Pharmakonzerne und technischer Entwickler erzeugen aktuell Kosten von bis zu einer Million Euro pro Patient, wie beispielsweise die Kymriah-Therapie von Novartis gegen Blutkrebs mithilfe genmanipulierter Zellen, die aus dem Körper des Erkrankten stammen.
In diesem Segment der „Prozessanalyse-Technologie” (PAT) will Siemens-Chef Joe Kaeser in den kommenden Jahren eine marktbeherrschende Position für den Konzern erreichen, wie dieser sie in der Autoindustrie bereits hat. In der Pharma- und Chemiebranche sieht sich das Unternehmen aktuell „als starke Nummer drei”, so Eckard Eberle, Chef der Geschäftseinheit Prozessautomatisierung aus.
Mit der zunehmenden Digitalisierung hat sich Siemens schon deutlich nach vorne gearbeitet. Die Sparte PAT glänzte im letzten Geschäftsjahr mit einer operativen Umsatzrendite von 21 Prozent und 20 Prozent Umsatzwachstum.
Und der Markt hebt gerade erst ab. Denn die neuen autologen Zelltherapien stehen ja selber noch am Anfang, die technischen Rahmenbedingungen auch. Mit zunehmender Digitalisierung und Verfeinerung in den Abläufen strebt Siemens technische Equipments an, die dann nicht nur Zeit, sondern auch Geld sparen, verglichen mit den Kosten von aktuell bis zu einer Million US-Dollar für einen Patienten.
Die Zeiten des „One fits all”, also einem Arzneimittel wie zum Beispiel Aspirin, das für alle passt, haben ihren Zenit überschritten, so Eberle. Nach seiner Überzeugung wird der individuelle Zuschnitt in den kommenden Jahren nicht nur die Pharmabranche weiter verändern, sondern auch die Agrarchemie. Das Düngen wird sich von großen, einheitlichen General-Mitteln hin zu individuellen Düngeeinheiten verändern, die die Besonderheiten von Böden und Klima berücksichtigen.
Weitere Digitalisierungs- und damit Beschleunigungsfelder sind für die Macher aus Wien die Zulassungsverfahren bei nationalen Arzneimittelbehörden, sowie die individualisierte Tablettenherstellung aus dem 3D-Drucker.
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