Typ-2-Diabetes

Semaglutid: Warten auf Ozempic

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Berlin -

Novo Nordisk hat für den GLP-1-Rezetoragonisten Semaglutid bereits im Februar die EU-Zulassung erhalten. Der Arzneistoff kann nicht nur den Blutzucker senken, sondern auch eine Gewichtsreduktion erreichen. Außerdem zeigen Studien für Semaglutid ein geringeres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse. Wann Ozempic auf den Markt kommen wird, ist noch ungewiss.

„Wir freuen uns sehr, dass wir zum 01. November das AMNOG-Nutzendossier für Ozempic beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) einreichen konnten und damit die Voraussetzung für das offizielle Bewertungsverfahren durch den G-BA geschaffen haben. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir allerdings noch keine Aussage darüber tätigen, wann wir Ozempic in Deutschland einführen“, so Novo Nordisk. Semaglutid soll als Injektionslösung in einem Fertigpen zu 0,25 mg, 0,5 mg und 1 mg auf dem Markt kommen. Die Einzelpackung à 0,25 und 0,5 mg kostet 183,44 Euro, die Packung mit drei Pens à 0,5 beziehungsweise 1,0 mg entsprechend 528,34 Euro. Noch ist das Produkt beim Großhandel nicht verfügbar, kann aber als Einzelimport bezogen werden.

Das Antidiabetikum ist zur Behandlung von erwachsenen Typ-2-Diabteikern ergänzend zu Diät und körperlicher Bewegung angezeigt. Semaglutid kann sowohl als Monotherapie, wenn Metformin nicht vertragen wird, oder in Kombination mit anderen Antidiabetika eingesetzt werden. Ozempic ist nicht zur Behandlung von Diabetes Typ-1 oder der diabetischen Ketoazidose angezeigt.

Appliziert wird einmal wöchentlich zu einem beliebigen Zeitpunkt und unabhängig von den Mahlzeiten. Die Therapie wird mit 0,25 mg einmal wöchentlich begonnen. Ist eine Dosissteigerung für eine bessere Einstellung des Blutzuckerspiegeln nötig, kann nach mindestens vier weiteren Wochen auf eine Dosis von 0,5 mg einmal wöchentlich erhöht werden. Nach weiteren vier Wochen ist eine Steigerung auf 1 mg einmal pro Woche möglich.

Semaglutid gehört zur Gruppe der Inkretinmimetika und besitzt blutzuckersenkende Eigenschaften. Insulinproduktion und -freisetzung in den Beta-Zellen werden gesteigert und die Glukagonproduktion gesenkt. In der Leber wird weniger Glukose produziert. Die besondere Strukturmodifikation macht Semaglutid gegen den Abbau durch Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4) resistent und verbessert die Bindung an Albumin. Diese Besonderheit führt zu einer Halbwertszeit von etwa einer Woche.

Der Wirkstoff zählt wie das aus Saxenda und Viktoza (Novo Nordisk) bekannte Liraglutid zu den Agonisten am Glucagon-like Peptide. GLP-1-Analoga stimulieren die Insulinfreisetzung aus den Langerhans-Inseln und unterdrücken die Glukagon-Sekretion. Zudem verzögern sie die Magenentleerung und reduzieren das Körpergewicht. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

GLP-1 ist ein Regulator des Appetits und somit der Nahrungsaufnahme. Die Gewichtsreduktion beruht auf einer Abnahme der Fettmasse – vor allem von viszeralem Fett. Saxenda ist zur Gewichtsreduktion als Ergänzung zu einer kalorienreduzierten Ernährung und verstärkter körperlicher Aktivität indiziert. Das Präparat wird nur Patienten mit einem Body-Mass-Index (BMI) von mehr als 30 eingesetzt. Bei Patienten, bei denen Übergewicht zu Komplikationen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte oder obstruktive Schlafapnoe führen kann, liegt die Grenze bei 27.

Eine randomisierte, doppelblinde Crossover-Studie über zwölf Wochen untersuchte im vergangenen Jahr die Wirkung an 30 adipösen Probanden. Nun wurden Wirksamkeit und Sicherheit erstmals an 957 Patienten in der Therapie der Adipositas erprobt. Die Patienten waren durchschnittlich 47 Jahre alt, wogen 111,5 kg, und hatten einen BMI von 39,3 kg/m2. Die Studienteilnehmer erhielten entweder verschiedene Dosen von Semaglutid oder Liraglutid oder ein Placebo.

Die Arbeitsgruppe um Studienleiter Professor Dr. Andreas Birkenfeld, Leiter des Studienzentrums Metabolisch-Vaskuläre Medizin am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, fand in der Phase-II-Studie heraus, dass alle Semaglutid-Dosen im Vergleich zu Placebo deutlich das Körpergewicht reduzieren. Der mittlere Gewichtsverlust betrug -2,3 Prozent für die Placebogruppe gegenüber -6,0 Prozent (0,05 mg), -8,6 Prozent (0,1 mg), -11,6 Prozent (0,2 mg), -11,2 Prozent (0,3 mg) und -13,8 Prozent (0,4 mg) für die Semaglutid-Gruppen. Die mittleren Körpergewichtsreduktionen für Semaglutid 0,2 mg oder mehr gegenüber Liraglutid waren alle signifikant (-13,8 bis -11,2 Prozent gegenüber -7,8 Prozent).

Mit der höchsten Dosierung an Semaglutid war es möglich, einen Patienten, der zuvor einen BMI von 35 kg/m2 und formal eine Adipositas Grad 2 hatte, auf einen BMI von 29 kg/m2 zurückzuführen. Damit war der Patient „nur” noch übergewichtig. Die Ergebnisse waren statistisch signifikant. Mit Semaglutid werde erstmals eine Gewichtsreduktion erreicht, die sonst meist nur mit einer chirurgischen Therapie möglich war.

Post-hoc-Analysen bestätigen Ozempic außerdem ein verringertes Risiko der wichtigsten unerwünschten kardiovaskulären Ereignisse (MACE) – definiert als nichttödlicher Myokardinfarkt, nichttödlicher Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod.

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