Wird Topiramat in der Schwangerschaft angewendet, ist das Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen erhöht, schwere Fehlbildungen sind möglich. Daher hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm empfohlen.
Topiramat ist zugelassen zur Behandlung von Epilepsie – als Monotherapie ab einem Alter von sechs Jahren bei Betroffenen mit fokalen Krampfanfällen sowie als Zusatztherapie ab einem Alter von zwei Jahren. Außerdem kommt der Wirkstoff bei Erwachsenen zur Migräne-Prophylaxe zum Einsatz. In einigen Ländern ist die Kombination Topiramat und Phentermin zur Gewichtsreduktion zugelassen.
Der genaue Wirkmechanismus des Sulfamat-substituierten Monosaccharids ist noch nicht vollständig geklärt. Diskutiert werden verschiedene Effekte. Zum einen die Blockade der Ionenkanäle, die zum Ausbleiben von Aktionspotentialen führen, sowie die Interaktion mit Neurotransmittersystemen. Topiramat kann die Fähigkeit von GABA, den Fluss von Chloridionen in die Neuronen zu induzieren, erhöhen – der Wirkstoff kann demnach die Aktivität des inhibitorischen Neurotransmitters erhöhen.
Achtung, Topiramat darf nicht zur Vorbeugung von Migräne bei schwangeren Frauen und bei Frauen im gebärfähigen Alter angewendet werden, die keine hochwirksamen Verhütungsmethoden anwenden. Generell müssen Patientinnen im gebärfähigen Alter, die mit Topiramat behandelt werden, eine wirksame Verhütungsmethode anwenden.
Weil Topiramat in der Schwangerschaft eingenommen das Risiko von Fehlbildungen erhöhen kann, empfiehlt der PRAC nun, Topiramat nicht während der Schwangerschaft anzuwenden – es sei denn, es steht keine andere geeignete Behandlung zur Verfügung.
Außerdem empfiehlt der PRAC ein Schwangerschaftsverhütungsprogramm. So soll verhindert werden, dass das Kind im Mutterleib mit Topiramat in Kontakt kommt. Ziel der Maßnahme ist es, dass alle Frauen im gebärfähigen Alter über die Risiken, die unter Topiramat während der Schwangerschaft möglich sind, sowie über die Notwendigkeit, eine Schwangerschaft unter Topiramat zu vermeiden, informiert sind.
Ärzt:innen und pharmazeutisches Personal soll sicherstellen, dass alle Patientinnen im gebärfähigen Alter über die Risiken unter Topiramat während der Schwangerschaft vollständig informiert sind. Zudem sollten alternative Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden und mindestens einmal im Jahr die Notwendigkeit der Therapie neu bewertet werden.
Die Produktinformation für Topiramat-haltige Arzneimittel wird entsprechend aktualisiert und Schulungsmaterial und eine Patientenkarte, die bei der Arzneimittelabgabe ausgehändigt werden soll zur Verfügung gestellt. Außerdem wird ein sichtbarer Warnhinweis auf der äußeren Verpackung des Arzneimittels angebracht.
Hintergrund der Empfehlung des PRAC ist die Überprüfung verfügbarer Daten. Die Ergebnisse zweier Studien deuten darauf hin, dass Kinder von Müttern mit Epilepsie, die während der Schwangerschaft mit Topiramat behandelt wurden, im Vergleich zu Kindern von Müttern mit Epilepsie, die keine Antiepileptika einnahmen, ein zwei- bis dreifach höheres Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen haben. Konkret ging es um Autismus-Spektrum-Störungen, geistige Behinderung oder Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Eine dritte Studie zeigte hingegen kein erhöhtes Risiko.
Die Expert:innen des PRAC bestätigen zudem die bekannten Risiken, die eine Exposition von Topiramat im Mutterleib mit sich bringt. Dazu gehören Fehlbildungen und Wachstumsstörungen des ungeborenen Kindes. In Zahlen: 4 bis 9 von 100 Kinder von Frauen, die während der Schwangerschaft mit Topiramat behandelt wurden, weisen Fehlbildungen auf. Zum Vergleich: Nur 1 bis 3 von 100 Kinder, deren Mütter nicht mit Topiramat behandelt wurden, sind von Fehlbildungen betroffen. Außerdem waren etwa 18 von 100 Kindern kleiner und wogen bei der Geburt weniger als erwartet, wenn diese im Mutterleib Topiramat ausgesetzt waren.
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