Schuppenflechte ist eine sehr sichtbare Hautkrankheit. Viele Betroffene leiden unter Ausgrenzung. Patientenorganisationen kämpfen gegen die Stigmatisierung der Erkrankten, doch auch neue Therapien können den Leidensdruck mindern.
Rote Flecken an den Armen und den Beinen – so will Stefanie Wennmann nicht mit Freunden an den Strand gehen. Die 33-jährige Hamburgerin hat seit zehn Jahren Schuppenflechte. Bei der Krankheit wird die Haut an vielen Stellen rot, die Flecken sind oft mit weißen oder silbernen Schuppen bedeckt. Gerade nachts kann der Juckreiz groß sein. Bei 20 bis 30 Prozent der Patienten befällt die entzündliche Krankheit auch die Gelenke, sagt Professor Stefan Schneider, Direktor der Klinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Das Jucken und die Schmerzen sind allerdings nicht die einzigen Beschwerden. Es ist oft die Reaktion auf das äußere Erscheinungsbild, das vielen Betroffenen zu schaffen macht. „Die Patienten werden ausgegrenzt“, sagt Schneider. Sie würden zum Beispiel aus Schwimmbäder verwiesen, weil fälschlicherweise angenommen werde, die Krankheit sei Folge mangelnder Hygiene und ansteckend. Auch der Fall eines Bäckereiverkäuferin sei ihm bekannt, die entlassen wurde, weil sie Schuppenflechte an den Händen hatte.
Wennmann hat ihre Krankheit ganz gut in den Griff bekommen. Die 33-Jährige lässt sich mit sogenannten Biologika behandeln und achtet nach eigenen Angaben auf einen gesunden Lebenswandel. Als Schauspielerin steht sie auf der Bühne oder vor der Kamera. Wenn sie mal sichtbare rote Flecken habe, würden diese überschminkt. „Bei Fernsehdrehs war das zu meiner Erleichterung kein Problem“, sagt sie. Millionen Menschen weltweit sind betroffen. Schneider hat nicht nur Patienten in Europa, sondern auch in Kambodscha und den USA behandelt. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge tritt die Krankheit häufiger bei Menschen mit weißer Hautfarbe auf. Demnach sind in Tansania 0,09 Prozent der Bevölkerung betroffen, in Norwegen 11,4 Prozent. In Deutschland sind es etwa 2 Prozent, hochgerechnet also mehr als 1,6 Millionen Menschen.
Vielen Patienten seien die neuen Behandlungsmöglichkeiten gar nicht bekannt, sagt Schneider. Dabei habe es in den vergangenen Jahren auf diesem medizinischen Gebiet „eine kleine Revolution“ gegeben. Die Biologika enthalten Proteine, die bestimmte Botenstoffe des Immunsystems, die die Krankheit auslösen, blockieren. Die Mittel seien alle sehr gut, es müsse jedoch eine jeweils individuelle Therapie gefunden werden, um gefährliche Nebenwirkungen auszuschließen. Da die Mittel auf das Immunsystem wirken, können zum Beispiel Infektions- oder Autoimmunkrankheiten reaktiviert werden. Biologika könnten Patienten zwar von der Schuppenflechte befreien, sagte Scheider, allerdings sei es nicht möglich, sie zu heilen.
Die Symptome verschwänden, solange die Therapie andauere. Setze man das Mittel ab, könnten sie möglicherweise schnell wiederkommen. Doch die Behandlung könne sich auf eine Spritze alle zwölf Wochen beschränken. Die Patienten müssten aber akzeptieren, dass sie die chronische und oftmals genetisch bedingte Krankheit weiter in sich trügen. Die recht teuren Biologika werden bislang für schwere und mittelschwere Fälle eingesetzt. Daneben verwenden Ärzte weiterhin klassische und konservative Methoden wie die Therapie mit UV-Licht oder Salben.
Beate Seemann hat von klein auf unter Psoriasis – wie die Krankheit nach dem altgriechischen Wort für Schorf (psora) in der Wissenschaft heißt – gelitten. Eigentlich wollte sie klassische Tänzerin werden, sagt die 61-Jährige und fragt: „Haben Sie mal eine Tänzerin mit Hautausschlag gesehen?“ Sie sei in ihrer Kindheit und Jugend im westfälischen Münster regelrecht geächtet worden. Mit der Zeit sind – wie bei vielen anderen Betroffenen – weitere Leiden hinzugekommen, darunter eine Arthritis in den Gelenken. Von Cortison-Spritzen über eine Lichttherapie bis zu einer Reise ans Tote Meer habe sie alle Behandlungen probiert, inzwischen nimmt sie auch Biologika. Doch Seemann hat schon lange gelernt, mit der Krankheit zu leben. Sie ist seit 40 Jahren selbstständige Unternehmensberaterin.
Die WHO erkannte die Schuppenflechte 2014 in einer Resolution als chronische Volkskrankheit an. Bereits seit 2004 veranstaltet die internationale Vereinigung der Patientenorganisationen IFPA einen Welt-Psoriasis-Tag, immer am 29. Oktober. Für den kommenden 28. Oktober plant die Selbsthilfegemeinschaft Haut ein Symposium in der Hamburger Laeiszhalle. Die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) richte sich an die breite Öffentlichkeit, sagt eine Sprecherin der Selbsthilfegemeinschaft. Ziel ist, Betroffene über die neuen Behandlungsmöglichkeiten zu informieren und der Stigmatisierung der Patienten entgegenzuwirken.
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