Schützt die Pockenimpfung vor Affenpocken? Alexandra Negt, 20.05.2022 14:03 Uhr
Es geht ziemlich schnell: Immer mehr Länder melden Fälle von Affenpocken, mittlerweile gibt es den ersten Fall in Deutschland. Eine Impfung speziell gegen Affenpocken existiert nicht, doch die normale Pockenimpfung scheint eine Kreuzimmunität hervorzurufen. Doch wer ist eigentlich noch gegen Pocken geimpft?
Kaum scheint die Corona-Pandemie überwunden, tritt der nächste Erreger auf die Bildfläche: Affenpocken werden bei immer mehr Menschen in den unterschiedlichsten Ländern diagnostiziert. Auch in Europa bestätigen immer mehr Länder Fälle mit Affenpocken. Auch Frankreich bestätigte einen Fall im Großraum Paris; dabei war der betroffene Mann zuvor nicht einmal gereist.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) schätzt das Risiko durch Reiserückkehrer nach Deutschland als gering ein. Dabei wurde heute der erste Fall bestätigt: In München wurde am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr bei einem Patienten mit charakteristischen Hautveränderungen das Virus zweifelsfrei nachgewiesen.
Milder als echte Pocken
Affenpocken verlaufen meist milder als die echten Pocken. Zumeist erholen sich die Erkrankten innerhalb von mehreren Wochen vollständig von der Infektion. Dennoch: Schwere Verläufe sind möglich. So spricht das RKI von einer Letalität von bis zu 11 Prozent bei Kindern unter 16 Jahren in Zentralafrika. Es scheint, als könnte eine Pockenimpfung durch Kreuzimmunität auch vor Affenpocken schützen, oder den Verlauf zumindest abschwächen.
Pockenimpfung hilfreich
Da sich Pocken und Affenpocken so ähnlich sind, können Menschen, die in Risikogebieten leben, von einer Pockenimpfung profitieren. Frühere Erkenntnisse aus Afrika zeigen, das seine Pockenimpfung über 80 Prozent wirksam gegenüber Affenpocken sein kann. Wer sich dennoch infiziert, scheint leichtere Verläufe zu erleben. Eine Pockenimpfung kann also durchaus als Prophylaxe in Betracht gezogen werden. Ein Großteil der Bevölkerung ist allerdings nicht mehr gegen Pocken geimpft.
Vorhandener Impfstoff: Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) listet den Pocken-Imfpstoff Imvanex von Bavarian Nordic. Er kann ab einem Alter von 18 Jahren gegeben werden. Der Impfstoff enthält eine lebende modifizierte Form des Vacciniavirus Ankara. Dieser Erreger ist mit dem Pockenvirus verwandt. Nach der Injektion löst das Vakzin keine Erkrankung aus. Es ist nicht bekannt, wie lange die Schutzwirkung anhält.
Da die WHO die Pocken bereits 1980 als ausgerottet erklärt hat, erfolgt keine routinemäßige Impfung mehr. Die Pflicht zur Erstimpfung wurde in der BRD 1976 und in der DDR 1982 aufgehoben. Der letzte Fall trat in Deutschland 1972 auf. Weltweit trat der letzte Fall 1978 auf. Die meisten Geimpften weisen die typische Narbe am Oberarm auf: Zumeist wurde die Immunisierung mit einer Lanzette oder einer Impfpistole vorgenommen, sodass es zu Ausbildung einer rundlich vertieften Impfnarbe gekommen ist.
Die Pocken werden von Viren der Familie Poxviridae ausgelöst. Es gibt zwei Untergruppen: Orthopoxviren und Parapoxviren. Beim Menschen kann es entweder zu einer Infektion mit den echten Pocken, ausgelöst durch Orthopoxvirus variola, kommen, oder zu den weißen Pocken. Diese sind weitaus weniger gefährlich und werden durch Orthopoxvirus alastrim ausgelöst.
Übrigens: Gegen die Pocken versuchte man schon früh eine Art Impfung zu finden. So schnupfte man in China im 16. Jahrhundert zerpulverten Pustelschorf. In Indien ritzte man im 18. Jahrhundert die Erreger – Flüssigkeit aus den Pusteln – direkt in die Haut.
Echte Pocken
Inkubationszeit: 7 bis 19 Tage
Übertragungswege: Tröpfchen- oder Schmierinfektion
Symptome: Fieber, Gliederschmerzen, Atemwegesbeschwerden, charakteristischer Hautausschlag
Behandlung: Keine medikamentöse Therapie vorhanden. Lediglich symptomatische Therapie ist möglich. Neu zugelassen ist Tecovirimat (US-Firma Siga Technologies). Die tatsächliche Wirksamkeit am Menschen ist nicht erprobt. Die Zulassung durch die EMA Anfang des Jahres soll dem Schutz vor biologischen Angriffen dienen.
- Lokal:
- Kaliumpermanganat-Bäder
- Chlorhexidin oder Wasserstoffperoxid zum Mundspülen
- Juckreizhemmende Cremes
- Dexpanthneol-Lösungen für die Schleimhaut
- Systemisch:
- Breitbandantibiotikum gegen Superinfektion
- Paracetamol oder Metamizol gegen Fieber
- Off-Label-Use von Cidofovir
- Neu: Tecovirimat (ab 13 kg/KG)
Affenpocken
Inkubationszeit: 7 bis 21 Tage
Übertragungswege: Über Gewebe, Blut oder Ausscheidungen infizierter Tiere. Auch von Mensch zu Mensch bei engem Kontakt über Körperflüssigkeiten oder Schorf möglich
Symptome: Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen und geschwollene Lymphknoten, später Hauteffloreszenzen
Behandlung:
- Lokal:
- Juckreizhemmende Cremes
- Dexpanthneol-Lösungen für die Schleimhaut
- Systemisch:
- Tecovirimat (ab 13kg/KG)
- Breitbandantibiotikum gegen Superinfektion
- Antipyretika