Die saisonale Grippeschutzimpfung kann nicht nur vor der Erkrankung selbst und schweren Verläufen, sondern auch vor Spätfolgen wie Herzinfarkt und Schlaganfall schützen. Forscher:innen aus Texas fanden nun jedoch heraus, dass das Vakzin auch das Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung senken kann.
Morbus Alzheimer ist die bekannteste Form der Demenz. Die Ursachen sind noch immer nicht abschließend geklärt – umso bedeutungsvoller ist daher die Prävention und Früherkennung. Mittlerweile wurden Verklumpungen von Amyloid- und Tau-Proteinen mit der Erkrankung in Verbindung gebracht: Tau-Proteine spielen eine wichtige Rolle für die gesunde, normale Funktion eines Gehirns. Alzheimer beginnt, wenn normale Tau-Proteine durch Trunkation pathologisch werden: Struktur und Funktion werden verändert. Die ungesunden Tau-Proteine binden sich aneinander und es entstehen Verklumpungen, die sich im Gehirn ausbreiten und die Krankheit verursachen. Die Verteilung dieser Klumpen zeigt eine starke Korrelation mit klinischen Symptomen bei Patienten.
Ein Team des University of Texas Health Science Center hat nun untersucht, inwieweit die Grippeimpfung vor einer Alzheimer-Erkrankung schützen kann. Dafür vergleichen sie die Daten von US-Amerikaner:innen ab 65 Jahren mit und ohne vorherige Grippeimpfung und analysierten das Risiko an Alzheimer zu erkranken. Die Ergebnisse wurden im „Journal of Alzheimer´s Disease“ vorgestellt.
„Wir haben festgestellt, dass die Grippeimpfung bei älteren Erwachsenen das Risiko an Alzheimer zu erkranken für mehrere Jahre verringert. Die Stärke dieser Schutzwirkung nahm mit der Anzahl der Jahre zu, die eine Person eine jährliche Grippeimpfung erhielt – mit anderen Worten: Die Rate, an Alzheimer zu erkranken, war unter denen am niedrigsten, die die Grippeimpfung konsequent jedes Jahr erhielten“, sagte Dr. Avram Bukhbinder, Erstautor der Studie. „Zukünftige Forschungen sollten prüfen, ob die Grippeimpfung auch mit der Rate der Symptomprogression bei Patienten, die bereits an Alzheimer-Demenz leiden, assoziiert ist.“
Bereits vor zwei Jahren hatten Forscher:innen der Universität einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Grippeimpfstoff und einem verringerten Alzheimer-Risiko hergestellt. Die nun folgende Untersuchung umfasste jedoch eine größere Population mit 935.887 gegen Grippe geimpften Patient:innen und 935.887 nichtgeimpften Patient:innen.
Während des vierjährigen Nachsorgezeitraums zeigte sich, dass etwa 5,1 Prozent der gegen Grippe geimpften Patient:innen eine Alzheimer-Krankheit entwickelt hatten. In der Gruppe der Nichtgeimpften waren es 8,5 Prozent. Bukhbinder zufolge unterstreichen die Daten die starke Schutzwirkung der Impfung. Allerdings seien noch weitere Untersuchungen notwendig, um die genauen Zusammenhänge zu ermitteln.
„Da es Hinweise darauf gibt, dass mehrere Impfstoffe vor der Alzheimer-Krankheit schützen können, denken wir, dass es sich nicht um eine spezifische Wirkung des Grippeimpfstoffs handelt“, sagte Paul Schulz, Studienautor und Professor für Neurologie an der McGovern Medical School. „Stattdessen glauben wir, dass das Immunsystem komplex ist und einige Veränderungen wie Lungenentzündungen es auf eine Weise aktivieren können, die die Alzheimer-Krankheit verschlimmert. Aber einige Faktoren, die das Immunsystem aktivieren, können dies auf eine andere Weise tun – eine, die vor der Alzheimer-Krankheit schützt. Natürlich müssen wir noch mehr darüber lernen, wie das Immunsystem diese Krankheit verschlechtert oder verbessert.“
Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass auch andere Impfungen wie Tetanus, Polio oder Gürtelrose das Risiko für Alzheimer verringern könnten. Bukhbinder meint, dass auch die Covid-Impfung ähnliche Effekte aufweisen könnte und dass es sich lohnen könnte, einen Zusammenhang zu ergründen.
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