L-Thyroxin: Kein Nutzen für ältere Patienten Nadine Tröbitscher, 04.04.2017 11:44 Uhr
Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Gewichtszunahme können mögliche Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion sein. Vor allem im Alter ist eine leichte Form der Erkrankung häufig. Behandelt wird üblicherweise mit Levothyroxin. Eine aktuell im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studie stellt den Nutzen der Therapie für ältere Patienten in Frage.
Ein Forscherteam aus europäischen Universitäten wollte in einer fünfjährigen Studie mit etwa 740 älteren Patienten den klinischen Nutzen der Substitution des Schilddrüsenhormons ermitteln. Die randomisierte doppelblinde placebokontrollierte TRUST-Studie sollte zeigen, ob die Patienten während der Behandlung mit Levothyroxin eine Besserung der Symptome wie Müdigkeit, kardiovaskuläre Erkrankungen, Muskelschwäche, Bluthochdruck, verlangsamtes Denkvermögen oder Übergewicht erfuhren. Die Teilnehmer waren mindestens 65 Jahre alt und an einer leichten Schilddrüsenunterfunktion erkrankt.
Die Probanden erhielten über einen Zeitraum von zwei Jahren entweder ein Placebo oder das Levothyroxin. Im Ergebnis konnte sich in der Verumgruppe trotz Einstellung der normalen Schilddrüsenfunktion keine Verbesserung der Symptome feststellen lassen. Laut Forscherteam müssen die bisherigen Behandlungsrichtlinien revidiert werden.
Professor Dr. Nicolas Rodondi vom Inselspital, Universitätsspital Bern, und Universität Bern, leitete die Studie in der Schweiz. „In unserer Studie, welche fünfmal größer ist als vorherige Studien zu diesem Thema, konnten wir zeigen, dass die Therapie keinen offensichtlichen Nutzen für diese ältere Personen bringt und daher für diese Situation nicht mehr verschrieben werden sollte.“ Levothyroxin hatte keine klinisch signifikanten Auswirkungen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität – Blutdruck oder Muskelschwäche wurden durch die Behandlung nicht verbessert.
Levothyroxin wird schulmedizinisch bei einer Schilddrüsenunterfunktion eingesetzt. Es steigert den Energieumsatz und fördert die Bildung von Wärme. Das Prodrug muss erst in seinen wirksameren Metaboliten T3 umgewandelt werden, der den Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel beeinflusst.
Mit 21 Millionen Verordnungen gehört Levothyroxin zu den am häufigsten eingesetzten Wirkstoffen in Deutschland. Sanofi hat mit Abstand die Nase vorn und kommt auf einen Marktanteil von 52 Prozent: 32 Prozent entfallen davon auf Hennig, 20 Prozent auf Winthrop. Hexal folgt mit 22 Prozent, dazu kommen 2 Prozent der Konzerntochter 1A Pharma. Mit 15 Prozent ist Euthyrox von Merck noch eine wichtige Größe, Aristo kommt mit Eferox und der Hausmarke auf 4 beziehungsweise 3 Prozent, Betapharm ebenfalls auf 3 Prozent.
Als Schnelldreher gab es für Levothyroxin flächendeckend Rabattverträge, doch seit der Wirkstoff auf der Aut-idem-Liste steht, ist der Austausch dem Arzt vorbehalten.