Ernährungsgewohnheiten

Scharfes Risiko: Demenz durch Chili?

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Berlin -

Das in Chilischoten enthaltene Capsaicin soll die Entwicklung einer Demenz begünstigen können: Wissenschaftler analysierten den Zusammenhang und erhielten Hinweise darauf, dass mit steigendem Chilikonsum die kognitive Leistungsfähigkeit abnehmen und sich das Risiko für Gedächtnisverlust sogar verdoppeln kann.

Die Wissenschaftler der University of South Australia analysierten die sogenannte China Health and Nutrition Survey (CHNS): Im Rahmen dieser offenen, prospektiven Kohortenstudie wurde 15 Jahre lang in regelmäßigen Abständen die Merkfähigkeit und andere kognitive Fähigkeiten von knapp 5000 Chinesen aus neun Provinzen Chinas im Alter von über 55 Jahren überprüft. Die Studie zeigte, dass ein hoher Chiliverzehr mit einer verringerten kognitiven Leistungsfähigkeit assoziiert war und sich das Risiko für Gedächtnisverlust verdoppelte.

Die Forscher nahmen in den 15 Jahren vier kognitive Screening-Tests mit den über 55-Jährigen vor: Dabei wurden verschiedene Scores für Erinnerungsfähigkeit, Rückwärtszählen und Subtrahieren ermittelt und ein kognitiver Gesamt-Score berechnet, welcher zwischen 0 und 27 lag. Zusätzlich sollten die Teilnehmer selbst ihre kognitiven Leistungen einschätzen und beurteilen, ob sich im vergangenen Jahr etwas am Gedächtnis oder Erinnerungsvermögen verändert hatte.

Anhand der mittleren Chili-Zufuhr teilten die Forscher die Teilnehmer in vier Gruppen ein: Nichtkonsumenten und Konsumenten mit 1-20 g/Tag, 20-50 g/Tag, und mehr als 50 g/Tag. Außerdem unterschieden zwischen zwei unterschiedlichen Ernährungsmustern, um eventuelle Störeffekte zu erkennen: Ein Muster stellte die traditionelle südliche Ernährungsweise dar, die vor allem durch den Verzehr von Reis, Schwein und Gemüse und wenig Weizen gekennzeichnet ist. Das zweite, „moderne“ Muster ist gekennzeichnet durch den Verzehr von Früchten, Sojamilch, Eiern, frittierten Nahrungsmitteln und Bier.

In der Maximalgruppe mit einem durchschnittlichen Verzehr von mehr als 50 g/Tag war die Abnahme der Kognition wesentlich verschlechtert, verglichen mit den Nicht-Konsumenten. Der vermehrte Chilikonsum steigerte das Risiko für ein selbst berichtetes schlechtes Gedächtnis: Das Risiko für eine selbst berichtete Verschlechterung der Gedächtnisleistung war um 56 Prozent erhöht. Dabei war auffällig, dass der Effekt bei den Probanden mit normalem BMI größer war, als bei denen mit erhöhtem BMI. Schlanke Menschen mit hohem Chili-Konsum könnten demnach sensibler auf Chili reagieren.

Als Ursache vermuten die Wissenschaftler das Alkaloid Capsaicin: Die Substanz ist für die Schärfe verschiedener Paprikaschoten verantwortlich, neben Chilischoten enthalten auch die noch schärferen Habaneros oder Jalapeños Capsaicin. Der Großteil der Substanz findet sich im Innenleben der Schoten: Die Innenwände sind wesentlich capsaicinhaltiger und somit erheblich schärfer als das Fruchtfleisch selbst. In der verwendeten Umfrage wurde sowohl der Konsum von frischer wie auch getrockneter Chili einbezogen und die Gesamtmenge berücksichtigt. Andere Gewürze, wie beispielsweise schwarzer Pfeffer, wurden nicht miteinbezogen, da diese nur geringe Mengen Capsaicin enthalten.

Im medizinischen Bereich wird Capsaicin zur äußeren Anwendung als Creme, Salbe und Pflaster verwendet. Die hautreizende und durchblutungsfördernde Wirkung kann bei Muskelverspannungen, Gelenkschmerzen, neuropathischen Schmerzen und Rheuma helfen und Betroffenen Linderung bringen. Zu den unerwünschten Nebenwirkungen zählen vor allem lokale Reaktionen der Haut, die mit Brennen und Hautrötung einhergehen können. Bei empfindlicher Haut sollten capsaicinhaltige Formulierungen daher nicht verwendet werden. Grundsätzlich sollten capsaicinhaltige Externa nur auf gesunder, intakter Haut angewendet werden.

Demenz ist eine immer häufiger auftretende Erkrankung, der Einfluss der Ernährung ist bisher noch nicht eindeutig geklärt. Vor allem in asiatischen Ländern ist der Einsatz des Gewürzes weit verbreitet: In einigen Regionen Chinas konsumieren fast ein Drittel aller Erwachsenen täglich scharfe Gerichte, aber auch in europäischen Ländern findet das scharfe Gewürz Verwendung.

Nicht nur die Ernährung, auch die Einnahme bestimmter Medikamente steht im Verdacht das Demenz-Risiko zu erhöhen: Eine britische Fall-Kontrollstudie gab Hinweise darauf, dass die langfristige Einnahme von Anticholinergika ebenfalls das Risiko steigern könnte. Ein starker Hinweis auf den Zusammenhang liefert die Dosis-Wirkungsbeziehung: Mit steigernder Dosis und Einnahmezeit nahm die Zahl an entwickelten Demenzen zu: Während die Anzahl nach 90 standartisierten Tagesdosen (TSDD) noch deutlich geringer war, stieg sie nach mehr als 1095 TSDD – also einer Behandlungszeit von mehr als drei Jahren – deutlich an.

Bei einer Demenzerkrankung, werden nach und nach Nervenzellen im Gehirn zerstört, was zu einem Verlust der geistigen Fähigkeiten führt. Die Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt. Das macht eine gezielte Prävention von Demenzerkrankungen besonders schwierig. Einige Faktoren können jedoch das Risiko mindern, an Demenz zu erkranken: Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, niedrige Cholesterinspiegel und ein gut eingestellter Blutdruck sind Faktoren, die selbst beeinflusst werden können und eine gute Basis liefern, nicht an Demenz zu erkranken. Ein ganz natürlicher Vorgang ist hingegen die Abnahme der Fähigkeit zur Bildung neuer Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen mit zunehmendem Alter.

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