Zu Beginn der Pandemie wurde ein Sonnenhut-Präparat aus der Schweiz als regelrechtes Wundermittel gegen Sars-CoV-2 angepriesen. Innerhalb kürzester Zeit war Echinaforce des Herstellers A.Vogel weitestgehend vergriffen, im Internet kam es zu Wucherpreisen. Die Studienergebnisse waren jedoch umstritten, da es sich lediglich um in-vitro Untersuchungen handelte. Nun liefert der Hersteller neue Daten, die die Wirksamkeit von Echinacea untermauern sollen.
Über ein Jahr ist es nun her, dass die ersten Daten zu Echinaforce für Aufregung sorgten. Das Interesse am Sonnenhut-Präparat stieg in der Schweiz ins unermessliche, Apotheken wurden regelrecht überrannt. In den Medien wurde das Präparat bereits als „Coronakiller“ bezeichnet. Grund dafür waren die veröffentlichten Studienergebnisse, welche von einem Labor bestätigt wurden. Kurze Zeit später wurden sie jedoch relativiert: Die Wirkung des Mittels sei lediglich in-vitro festgestellt worden – die Aussagekraft solcher Ergebnisse am Menschen ist schwach.
Mittlerweile gibt es neue Daten zu Echinacea: Zwei größere Forschungsarbeiten haben sich intensiv mit der Heilpflanze und deren Wirkung auf Sars-CoV-2 auseinandergesetzt.
Eine der beiden Studien untersuchte das Potenzial in puncto Prävention und Behandlung von Atemwegsinfektionen – insbesondere Covid-19. In die randomisierte, offene, kontrollierte Studie wurden 120 gesunde Proband:innen im Alter von 18 bis 75 Jahren eingeschlossen. Sie wurden auf Echinacea oder Placebo randomisiert und durchliefen danach drei Präventionszyklen von 2-2-1 Monaten. Dabei erhielten sie täglich 2400 mg Echinacea purpurea Extrakt in Form von Echinaforce oder Placebo. Zwischen den Zyklen wurde die Behandlung für jeweils eine Woche unterbrochen. Häufig wird dieses Verfahren auch als „Schaukeltherapie“ bezeichnet.
Jeden Monat wurden Nasen-/Rachenabstriche und Blutproben entnommen, außerdem bei Auftreten von akuten Erkrankungen. Kam es zu akuten Atemwegsbeschwerden, wurden diese bis zu zehn Tage mit 4000 mg Echinacea purpurea Extrakt behandelt. Der Schweregrad wurde zudem dokumentiert. Die Abstriche wurden mittels Serologie und PCR-Test auf die Virenart und Viruslast untersucht. Insgesamt waren über den Untersuchungszeitraum von fünf Monaten unter der Prävention mit Echinacea 21 Proben positiv (5 davon Sars-CoV-2). In der Kontrollgruppe waren es 29 Proben (14 davon Sars-CoV-2). 10 beziehungsweise 14 der Erkrankungen waren symptomatisch – davon waren 5 beziehungsweise 8 Covid-Erkrankungen.
Es zeigte sich, dass die Behandlung mit Echinaforce die Viruslast bei akuten Beschwerden um mindestens 2,12 log – also über 99 Prozent – reduzieren konnte. Außerdem waren die Proband:innen schneller wieder negativ getestet: Hier verkürzte sich die Zeit um insgesamt 8 Tage und um 4,8 Tage bei Sars-CoV-2 im Vergleich zur Kontrollgruppe. Einzelne Symptome wie Fieber konnten ebenfalls verringert werden. Unter der Behandlung mit Echinacea kam es zudem seltener zu Hospitalisierungen, allerdings war der Unterschied hier nicht statistisch signifikant.
Da die Studie vor Vorherrschen der Delta- und Omikron-Variante durchgeführt wurde, beschäftigte sich eine weitere Untersuchung mit dem zugrundeliegenden antiviralen Wirkmechanismus des Sonnenhutes und dem Wirkspektrum bei verschiedenen Coronaviren. Insgesamt sechs Universitäten untersuchten parallel die Wirksamkeit von Echinacea purpurea auf die Variants of Concern (VOC) von Sars-CoV-2 und auf ein Pseudovirus, welches nur den Spike-Rezeptor exprimierte.
Es konnte dargelegt werden, dass Echinacea alle Varianten etwa gleich stark inaktivieren konnte. Alpha, Beta, Gamma, Eta und Delta wurden bei weniger als 25 μg/ml Echinaforce in vitro komplett inhibiert. Die Wissenschaftler:innen sehen das Vielstoffgemisch des Extraktes als Erklärung für den breiten antiviralen Schutz. Es sei daher weniger anfällig für Mutationen bei neuen Varianten und behalte so seine Wirksamkeit.
In der Studie aus dem Jahr 2020 wurde bemängelt, dass erst der direkte Kontakt des Sonnenhutes das Virus inaktiviert. Mit einem neuen Ansatz wurde daher nun auch die präventive Behandlung von Epithelzellen untersucht – ohne Vorbehandlung des Virus. Es zeigte sich, dass bereits 20 μg/ ml die sequenzielle Infektion mit Sars-CoV-2 komplett verhindern konnten. Dieses Ergebnis bestätigt erstmals auch den zellprotektiven Effekt von Echinacea purpurea. Aktuell steht zudem im Raum, dass Echinaforce mit einem bestimmten Enzym, der Serinprotease „TMPRSS-2“, interagieren könnte. Diese ist für die Endozytose der Coronaviren notwendig. Allerdings müssen diese Daten noch weiter erforscht werden.
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