Ein neuer potenzieller Wirkstoff zur Corona-Therapie hat in einer klinischen Phase-III-Studie gute Ergebnisse erzielt. Der Wirkstoff Sabizabulin, entwickelt vom amerikanischen Pharmaunternehmen Veru, reduzierte das Sterberisiko der Zwischenanalyse zufolge um 55 Prozent.
In der klinischen Phase-III-Studie reduzierte Sabizabulin das Sterberisiko einer Zwischenanalyse zu Folge um 55 Prozent. Die Studie war mit 150 Patient:innen relativ klein angelegt und neigt daher zu statistischen Unsicherheiten. Dennoch: Von den 98 Proband:innen, die zur Standardtherapie Sabizabulin erhielten, lag die Sterbequote bei 20 Prozent. Innerhalb der Placebogruppe lag diese Quote bei 45 Prozent. Der ursprünglich für die Onkologie (Brustkrebs) entwickelte Arzneistoff wies ein gutes Nebenwirkungsprofil auf.
Sabizabulin gehört zur Gruppe der Alkaloide und ähnelt in der Wirkung dem Herbstzeitlosen-Alkaloid Colchicin. Durch die Bindung an bestimmte Stellen des Alpha- und Beta-Tubulins (Bestandteile eukaryotischer Zellen) wird die intrazelluläre Polymerisationgehemmt und dadurch die Ausbildung des Spindelapparats während der Mitose unterbunden. Die Mitose kommt nicht über die Metaphase hinaus. Diese Hemmung trägt zur antiviralen und antiinflammatorischen Wrkung von Sabizabulin bei. Der experimentelle Wirkstoff moduliert Entzündungsaktivitäten, die Leukozytenproduktion und die Freisetzung von Zytokinen wird herabgesetzt.
Der Wirkstoff orientiert sich an der Wirkungsweise von Colchicin. Dabei konnte das Alkaloid aus den Herbstzeitlosen nicht überzeugen: Die zuletzt veröffentlichten Studienergebnisse zeigen, dass das Gichtmittel keine ausreichende Wirksamkeit besitzt. Bei der Behandlung von Covid-19 sollte Colchicin vor allem gegen einen sogenannten „Zytokinsturm“ helfen. Dabei handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems, die mit einer erhöhten Bildung von entzündungsrelevanten Zytokinen einhergeht und somit zu einer systemischen Entzündungsreaktion führt.
Colchicin: Colchicin ist eine natürlich vorkommende Substanz der giftigen Herbstzeitlosen. Der Stoff bewirkt in der Zelle eine Mitosehemmung – Colchicin wird daher auch als Spindelgift bezeichnet: Durch die Unterbindung der Ausbildung des Spindelapparats während der Mitose bleibt diese in der Metaphase stehen. Die Anwendung des Alkaloids ist aufgrund der geringen therapeutischen Breite umstritten: Richtig dosiert kann es gegen die typischen Beschwerden eines akuten Gichtanfalls helfen. Wird es jedoch überdosiert, kann es schnell zu Vergiftungserscheinungen kommen. In einigen Fällen kam es durch eine Falscheinnahme bereits zu Todesfällen.
Aufgrund dessen, dass Sabizabulin so wirksam scheint, will sich Veru zeitnah mit der FDA in Verbindung setzen und eine Notfallzulassung erwirken. Aktuell ist die Wirksamkeit übrigens erst bei schweren Verläufen bestätigt. Ob auch Patient:innen mit einem milden Verlauf Vorteile von einer Behandlung mit dem experimentellen Wirkstoff haben, bleibt zunächst offen.
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