Amoxicillin gegen Rückenschmerzen Nadine Tröbitscher, 29.03.2017 13:59 Uhr
Rückenschmerzen werden als Volksleiden bezeichnet und können unterschiedliche Ursachen haben. Eine dänische Forscherin konnte die Beschwerden nach einem Bandscheibenvorfall auf Bakterien zurückführen. Für ihre Arbeit erhielt Dr. Hanne Albert den Deutschen Schmerzpreis.
Antibiotika als neuer Therapieansatz bei Rückenschmerzen? Eine Pilotstudie der dänischen Forscherin Dr. Hanne Albert von der Syddansk Universitet zeigte vielversprechende Ergebnisse.
Albert entnahm Patienten nach einem Bandscheibenvorfall Gewebe und konnte in mehr als der Hälfte der Fälle Bakterien nachweisen. Auffällig war die Besiedlung des histologischen Materials mit Propionibacterium acnes, das natürlicher Bestandteil der Mundflora ist und zum Beispiel über kleine Verletzungen, die beim Zähneputzen auftreten können, in das Blut gelangt. Die Patienten wiesen im MRT Ödeme im Knochenmark auf – sogenannte modic changes.
Tritt die Bandscheibe aus, bildet das Gewebe neue Kapillaren, über die das Bakterium in das Innere der Bandscheibe vordringen kann und schließlich dort verbleibt. Selbst wenn der Vorfall ausgeheilt ist, kann das Bakterium weiterhin Schmerzen und Entzündungen verursachen. Dies war der Ansatzpunkt für Albert: Die Patienten erhielten über einen Zeitraum von 100 Tagen dreimal täglich das Antibiotikum Amoxicillin zu je 1000 mg. Nach etwa sechs bis acht Wochen setzten die ersten Verbesserungen ein. Eine weitere Studie setzte sich über zwei Jahre fort.
Von der Behandlung könnten laut Albert vor allem Patienten, bei deren Erkrankung das Bakterium eine Rolle spielt, enorm profitieren. Bei der Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) spricht man von einem revolutionärem Ansatz in der Behandlung von Schmerzen, der nicht nur das Leid und die Einschränkungen der Betroffenen lindern könne, sondern auch die entstehenden Kosten durch Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung reduziere.
Der Deutsche Schmerzpreis wird jährlich verliehen. Wissenschaftlicher Träger ist die DGS, die den Preis gemeinsam mit der Deutschen Schmerzliga vergibt. Das derzeit noch in Limburg ansässige Unternehmen Mundipharma stiftet die 10.000 Euro, mit denen der Preis dotiert ist.
Verliehen wird die Auszeichnung an Persönlichkeiten, die sich durch wissenschaftliche Arbeit in den Bereichen Diagnostik und Therapie akuter und chronischer Schmerzen verdient gemacht haben. Ebenfalls kann der Preis an Personen verliehen werden, deren Arbeit oder öffentliches Engagement entscheidend zum Verständnis des Problemkreises Schmerz und der Betroffenen beiträgt.