Früher Therapiebeginn wichtig für Betroffene

Rheuma: Behandlungsstrategien verbessern

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Berlin -

Unter entzündlich-rheumatischen Erkrankungen leiden derzeit etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland. Hinzu kommen etwa 20.000 diagnostizierte rheumakranke Kinder und weitere 20.000 mit rheumatischen Erkrankungen. Um bleibende Schäden zu verhindern, sollte eine Diagnose möglichst früh erfolgen.

Rheuma ist kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Oberbegriff für über 100 verschiedene rheumatische Erkrankungen. Meist äußern sich diese durch Schmerzen an Gelenken, Muskeln, Sehnen oder Knochen. Sie können auch innere Organe wie Lunge, Herz, Nieren und Gehirn betreffen. Wichtig für alle betroffenen Patient:innen ist immer eine möglichst schnelle Diagnose und darauf folgend eine individuell passende Therapieeinleitung. Wird zeitnah das passende Medikament, für die jeweils sehr unterschiedlichen rheumatischen Erkrankungen gefunden, kann Patient:innen ein langer Leidensweg mit irreversiblen Schäden erspart werden.

Frühversorgung enorm wichtig

Im Vorfeld des Deutschen Rheumatologiekongresses 2022 wurde über den aktuellen Stand informiert: Expert:innen in ganz Deutschland arbeiten demnach daran, die Netzwerke für die Frühversorgung von Menschen mit rheumatischen Erkrankungen auszubauen. Schwierigkeiten sind immer noch im Terminmanagement vorhanden. Gerade durch die Corona-Pandemie und den auch daraus resultierenden Personalmangel fand in den letzten beiden Jahren eine Verlagerung in die ambulante Behandlung statt. Den Patient:innen fehlt dadurch die ausreichende Zuwendung und Untersuchungsmöglichkeiten, die stationär besser zu bewerkstelligen wären. Rheumatologe Professor Dr. Andreas Krause liegt eine Kampagne der Aufmerksamkeit für Rheumatologie besonders am Herzen. Man müsse das Interesse der Bevölkerung und der Gesundheitspolitik für das Thema wecken, um schneller und nachhaltiger betroffene Menschen versorgen zu können.

Ein Kind von 500 Kindern hat Rheuma

Prof. Dr. Dirk Föll, Direktor der Klinik für pädiatrische Rheumatologie und Immunologie, machte zudem darauf aufmerksam, dass es in der Kinderheilkunde allgemein weniger zugelassene Medikamente für die Diagnose Rheuma gibt. In den letzten Jahren wurden zwar mehrere Arzneistoffe auch für den pädiatrischen Bereich zugelassen, aber entsprechende Therapien werden oft zu spät eingeleitet. Er sieht bei immerhin 30 Prozent der Patient:innen dringenden Handlungsbedarf. Seit fünf Jahren gibt es ein Projekt der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie, die Pro Kind Rheuma Studie. Mit dem Projekt soll die Prognose rheumakranker Kinder verbessert werden. Es soll konkret überprüft werden, ob die Harmonisierung des therapeutischen Vorgehens durch die Anwendung von Therapieprotokollen im klinischen Alltag zu einer Verbesserung des Outcomes führt. Leitlinien und Fragebögen, die standardisiert sind, sollen sogenannte Leitplanken bilden, anhand denen sich Ärzt:innen deutschlandweit mit den gleichen Strategien der Diagnose nähern können.

Genetische Tests mehr anwenden

Im Diagnostikverfahren wünschte sich Prof. Dr. T. Witte, mehr auf genetische Tests zurückgreifen zu können. „Immundefekte und rheumatische Erkrankungen gehören zusammen, wenn man vermehrt Gentests einsetzen könnte, würde dies öfter direkt zur richtigen Therapie führen. Oft müssen die Patient:innen einen langen Leidensweg gehen und bekommen Medikamente verordnet, die nicht oder nur wenig helfen. Auch eine Cortisontherapie führt zu Misserfolgen, weil hier die Immundefektausbildung verstärkt werden kann.“ erklärt Witte. In verschiedenen Diagnostikverfahren anhand von solchen Gentests habe man gesehen, dass bei exakt herausgefilterten Genmutationen, die entsprechenden Medikamente sofort zum Erfolg führten und Patient:innen nahezu beschwerdefrei waren.

Rheuma und Corona

Professor Dr. C. Specker berichtete, dass vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie 5500 Patient:innen mit Rheuma untersucht wurden. Dabei wurde evaluiert, inwiefern die Corona-Impfung die Rheuma-Erkrankung beeinträchtigt beziehungsweise wie eine langanhaltende Immuntherapie sich wiederum auf die Immunantwort nach der Impfung auswirken kann. Zusammenfassend sagte Specker: „90 Prozent der Erkrankten wurden hinsichtlich der Impfnebenwirkungen nicht beeinflusst. Eher hatten viele Patient:innen abgemilderte Nebenwirkungen. Normale Nebenwirkungen traten seltener auf als bei gesunden Geimpften. Nur in einzelnen Fällen wurden rheumatische Symptome verstärkt. Man kann also definitiv sagen, dass eine Covid-Erkrankung viel schwerer wiegt als die Impfung dagegen.“

Specker erläuterte zudem, dass die dritte Impfung an Rheuma erkrankten Menschen am effektivsten vor schweren Verläufen schütze – bei dieser war der Titer der Antikörper im Blut am höchsten. Die Rheumatologen schließen sich außerdem der STIKO Empfehlung zur vierten Impfung gegen Corona an. Rheumakranke sollten nicht warten, bis es einen an Omikron angepassten Impfstoff gäbe. Seien die 4-6 Monate nach der letzten Impfung vergangen, raten sie, den Schutz auffrischen zu lassen.

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