Orale Retinoide

Retinoide: Checkliste für Apotheken

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Berlin -

Die Gruppe der oralen Retinoide ist mit Vorsicht abzugeben: Immer wieder gibt es neue Verschärfungen. Seit 2016 gibt es bereits Sicherheitsmaßnahmen aufgrund der Teratogenität. Nun wurden diese in einem Rote-Hand-Brief aktualisiert und eine Checkliste für Apotheken durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) herausgegeben.

Der Rote-Hand-Brief betrifft die Retinoide Acitretin, Adapalen, Alitretinoin, Bexaroten, Isotretinoin, Tazaroten und Tretinoin. Retinoide in oraler Form sind stark teratogen und dürfen während der Schwangerschaft nicht eingenommen werden. Die einzige Ausnahme stellt orales Tretinoin bei klinischer Dringlichkeit in onkologischer Indikation dar. Topische Retinoide sind als Vorsichtsmaßnahme bei Schwangeren oder bei Planung einer Schwangerschaft ebenfalls kontraindiziert.

Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin dürfen oral bei Frauen im gebärfähigen Alter nur unter Einhaltung des Schwangerschaftsverhütungsprogramms angewendet werden. Vor der Verschreibung und Abgabe sollen die Risiken anhand des Schulungsmaterials mit den Patientinnen besprochen werden. Das mit dem Rote-Hand-Brief verschickte Schulungsmaterial enthält neben der Checkliste für Ärzte auch eine Liste für Apotheker: Dadurch soll sichergestellt werden, dass Apotheker, die Acitretin, Alitretinoin oder Isotretinoin abgeben, die besonderen Sicherheitsanforderungen kennen und berücksichtigen. Die Checkliste ist verpflichtender Teil der Zulassung und fester Bestandteil des Schwangerschaftsverhütungsprogramms.

Bei der Verordnung von oralen Medikamenten mit den Wirkstoffen Acitretin, Alitretinoin oder Isotretinoin dürfen Apotheker diese erst anFrauen im gebärfähigen Alter abgeben, nachdem die Checkliste abgearbeitet wurde: Die Höchstmenge je Verschreibung darf den Therapiebedarf für 30 Tage nicht übersteigen und Verschreibungen sind nur bis zu sechs Tage nach dem Tag ihrer Ausstellung gültig. Zudem sollen die Patientinnen darauf hingewiesen werden, retinoidhaltige Arzneimittel zur oralen Anwendung niemals einer anderen Person zu geben und ungenutzte Kapseln am Ende der Behandlung in der Apotheke abzugeben.

Ein weiterer Hinweis muss in Bezug auf die Blutspende gegeben werden: Während der Therapie mit Alitretinoin oder Isotretinoin zur oralen Anwendung und bis einschließlich einen Monat nach Absetzen des Medikaments darf kein Blut gespendet werden, da bei einer schwangeren Empfängerin ein Risiko für den Fötus bestehen würde. Aus demselben Grund darf ebenfalls unter der Therapie mit Acitretin und sogar drei Jahre nach Absetzen kein Blut gespendet werden.

Bereits Ende 2016 wurden die Sicherheitsmaßnahmen für die systemische Anwendung von Retinoiden verschärft: Seitdem gilt die Blutspendefrist von drei Jahren bei Patienten, die mit acitretinhaltigen Arzneimitteln behandelt wurden. Bis dato galt eine Sperrfrist von nur zwei Jahren. Frauen sollen außerdem drei statt zwei Jahre nach Behandlungsende wirksam verhüten. Ein absolutes Alkoholverbot während der Behandlung und zwei Monate darüber hinaus gilt für alle Patientinnen im gebärfähigen Alter: Das Alkoholverbot gilt, da Alkohol Acitretin zu Etretinat verstoffwechselt. Der hochgradig teratogene Stoff lagert sich etwa 120 Tage im Fettgewebe ab. Frauen sollten auf Alkohol aus Getränken, Nahrungsmitteln oder Arzneimitteln verzichten. Für Frauen im gebärfähigen Alter liegt eine generelle Kontraindikation vor, es sei denn eine Schwangerschaft konnte vor Therapiebeginn ausgeschlossen werden und die Patientinnen weisen eine sichere Empfängnisverhütung vor.

Neben der Teratogenität sind nun auch die Sicherheitshinweise für neuropsychiatrische Erkrankungen verschärft worden: Unter der Anwendung oraler Retinoide wurde über Depressionen oder verstärkte Angststörungen, sowie über Stimmungsschwankungen berichtet. Patienten sollten darüber informiert sein und bei derartigen Reaktionen einen Arzt aufsuchen. Bei Anzeichen von Depressionen sollte gegebenenfalls eine Behandlung eingeleitet werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt Patienten, die bereits früher unter Depressionen gelitten haben.

Retinoidhaltige Arzneimittel werden in oralen oder topischen Darreichungsformen zur Behandlung verschiedener Formen der Akne, von schweren chronischen Handekzemen sowie von schweren Formen der Psoriasis oder Verhornungsstörungen angewendet. Tretinoin, Bexaroten und Alitretinoin sind auch zugelassen zur Behandlung verschiedener onkologischer Erkrankungen. Die nun beschlossenen Änderungen basieren auf einer Überprüfung durch den Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC).

Arzneimittel mit dem Wirkstoff Acitetrin erhalten zudem weitere Sicherheitshinweise: Die neuen Erkenntnisse in Bezug auf die Bauchspeicheldrüse müssen entsprechend in die Fach- und Gebrauchsinformationen aufgenommen werden. Die neuen Änderungen beziehen sich auf die Pankreas-Problematik: Retinoide erhöhen die Triglyceridspiegel, dies wiederum hat oft eine akute Pankreatitis zur Folge. Zudem wird die Pankreatitis bereits als Unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) bei Isotretinoin aufgeführt. Bei Arzneimitteln, die Alitretinoin oder Isotretinoin zum Einnehmen enthalten, wird zudem darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit ausgeprägter Hypertriglyceridämie über akute Pankreatitis zum Teil mit tödlichem Verlauf berichtet wurde. Demzufolge wird nun hinzugefügt, dass die Behandlung mit Acitretin abzusetzen ist, wenn eine Hypertriglyceridämie nicht kontrollierbar ist oder wenn Symptome einer Pankreatitis auftreten.

Die Fach- und Gebrauchsinformationen von acitretinhaltigen Arzneimitteln müssen dementsprechend angepasst werden. Die Hersteller müssen die Umsetzung bis zum 9. Oktober nachweisen. Folgende Hinweise sind nun zu beachten: Die nüchternen Serumwerte für Cholesterin und Triglyceride müssen vor Einleiten der Behandlung, einen Monat nach Therapiebeginn und danach alle drei Monate für die Dauer der Behandlung überprüft werden. Wenn eine Hypertriglyceridämie nicht kontrollierbar ist oder wenn Symptome einer Pankreatitis auftreten, muss die Behandlung mit Acitretin abgebrochen werden. Patienten sollen umgehend einen Arzt aufsuchen, wenn sie starke Bauch- und Rückenschmerzen bekommen, da diese Anzeichen einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse sein können.

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