Recordati bringt Ortoton Forte APOTHEKE ADHOC, 02.02.2018 07:59 Uhr
Doppelte Wirkstärke: Ortoton (Methocarbamol, Recordati) ist jetzt auch als Forte-Formulierung auf den Markt. Somit gewinnt der Hersteller ein Alleinstellungsmerkmal zurück.
Der Trubel um Methocarbamol geht weiter. Erst der Streit mit Dr. Kade um das Patent; der Berliner Hersteller hatte mit DoloVisano ein Generikum auf den Markt gebracht, obwohl noch Unterlagenschutz bestand. Als die Schutzfrist 2015 endete, wurde das Generikum im März 2016 erneut eingeführt. Im Oktober 2017 zog Neuraxpharm nach. Um sich im umkämpften Markt der Muskelrelaxantien abzugrenzen, hat Recordati Methocarbamol nun zu 1500 mg auf den Markt gebracht.
Ortoton Forte ist zur symptomatischen Behandlung von schmerzhaften Muskelverspannungen – insbesondere des unteren Rückens – zugelassen. Empfohlen wird die Einnahme von dreimal täglich einer Tablette. Dies könnte die Compliance erhöhen, denn zuvor mussten dreimal täglich zwei Tabletten geschluckt werden. Die Dauer der Behandlung richtet sich nach den Beschwerden, sollte jedoch 30 Tage nicht überschreiten. In der neue Stärke sind Packungen zu 24, 48 und 96 Filmtabletten auf dem Markt.
Während Ortoton und Methocarbamol Neurax als Filmtabletten auf dem Markt sind, ist DoloVisano als Tablette erhältlich. Ein Austausch zwischen den unterschiedlichen Darreichungsformen ist derzeit nicht möglich, denn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Darreichungsformen noch nicht für austauschbar erklärt. Ein Switch von Ortoton auf DoloVisano und umgekehrt ist daher nicht möglich, auch nicht wenn beide Arzneimittel rabattiert sind.
Methocarbamol zählt zu den zentral wirksamen Muskelrelaxantien und hemmt die polysynaptische Reflexleitung im Rückenmark und den subkortikalen Zentren. Tonus und Kontraktilität der Skelettmuskulatur sowie Motilität der glatten Muskulatur werden bei therapeutischer Dosierung nicht beeinträchtigt. Der Wirkstoff wird rasch und vollständig resorbiert und ist bereits nach zehn Minuten im Blut nachweisbar. Nach 30 bis 60 Minuten ist bereits der maximale Wirkstoffspiegel erreicht.
Zurzeit stehen verschiedene zentral wirksame Muskelrelaxantien zur Verfügung. Sirdalud (Tizanidin) und das generische Baclofen sind ebenfalls als Tabletten auf Rezept erhältlich. Methocarbamol ist jedoch das laut Arzneimittelverordnungsreport mit etwa 19 Millionen Tagesdosen (DDD) im Jahr 2016 das am häufigsten verordnete Muskelrelaxans. Allein 18,6 Millionen DDD entfielen auf Platzhirsch Ortoton, der restliche Anteil geht an DoloVisano. Die Mitbewerber in den Schatten stellt Limptar, das jedoch zur Vorbeugung und Behandlung von nächtlichen Wadenkrämpfen angezeigt ist. Entfielen 2015 nur etwa 7 Millionen DDD auf das Arzneimittel, waren es 2016 bereits 15 Millionen – ein Plus von etwa 108 Prozent. Seit April 2015 ist das Chinin-haltige Präparat von Klosterfrau verschreibungspflichtig.
Rückenschmerzen und Verspannungen zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Deutschen. Der Markt der Muskelrelaxantien wurde in den vergangenen Jahren von Patentfällen, Indikationsstreichungen und erloschenen Zulassungen durchgerüttelt. Auf das aus dem Dornröschenschlaf geweckte Pridinol müssen Apotheker und Patienten vorerst weiter warten, obwohl den Tabletten die Zulassung erteilt wurde. Im Zuge der Übernahme durch Dermapharm sei der Termin zur Einführung verschoben worden, teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. Wann es soweit sein soll, ist derzeit noch nicht bekannt..