Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat dem US-Konzern Merck für Recabrio (Imipenem/Cilastatin/Relebactam) ein positives Votum ausgesprochen. Das Antibiotikum könnte schon bald eine neue Behandlungsform für komplizierte intraabdominale Infektionen und Harnwegsinfekte darstellen.
Die neuartige Kombination soll zur Behandlung von Infektionen durch aerobe gramnegative Organismen bei Erwachsenen mit eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten dienen. Neben komplizierten Harnwegsinfekten (cUTI) können auch komplizierte intraabdominale Infektionen (cIAI) mit dem Antibiotikum therapiert werden. „Die positive Stellungnahme ist ein wichtiger Meilenstein, da wir den europäischen Medizinern eine zusätzliche Option für kritisch kranke Patienten mit gramnegativen bakteriellen Infektionen bieten wollen", sagte Dr. Nicholas Kartsonis von den Merck Research Laboratories.
Bereits im Juli hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA die neue Kombination zugelassen. Nun könnte sie bald auch in Europa auf den Markt kommen. „Es ist wichtig, dass die Anwendung von Recarbrio Situationen vorbehalten bleibt, in denen es nur wenige oder keine alternativen antibakteriellen Medikamente zur Behandlung der Infektion eines Patienten gibt“, erklärte Ed Cox, Direktor des Amtes für antimikrobielle Produkte im FDA-Zentrum für Arzneimittelbewertung und -forschung im Sommer. Die Kombination soll vor allem gegen verschiedene Erreger wie Bacteroides, Citrobacter, Enterobacter cloacae, Escherichia coli, Fusobacterium nucleatum, Pseudomonas- und Klebsiella-Arten wirksam und daher solchen Infektionen vorbehalten sein.
Recarbrio ist eine Kombination aus drei Wirkstoffen: 500 mg Imipenem, 500 mg Cilastatin und 250 mg Relebactam. Imipenem und Cilastatin sind bereits als Zweierkombination in Infusionsform auf dem Markt – Relebactam soll die Wirkung ergänzen. Die bakterizide Aktivität von Imipenem resultiert aus der Hemmung von Penicillin-Bindungsproteinen (PBP). Die Inhibition von PBP führt zur Störung der bakteriellen Zellwandsynthese. Cilastatin-Natrium ist ein Nierendehydropeptidase-Inhibitor: Er begrenzt die renale Verstoffwechslung von Imipenem, besitzt jedoch keine eigene antibakterielle Aktivität. Relebactam gehört zur Gruppe der Beta-Lactamase-Inhibitoren: Er schützt Imipenem vor dem Abbau durch bestimmte Serin-Beta-Lactamasen.
Die Wirksamkeit von Recarbrio wurde teilweise durch die Ergebnisse der Wirksamkeit und Sicherheit von Imipenem/Cilastatin zur Behandlung von cUTI und cIAI gestützt. Der positive Beitrag von Relebactam wurde anhand von Daten aus In-vitro-Studien und Tiermodellen bewertet. Die Sicherheit von Recarbrio, welches ebenfalls als Injektion verabreicht wird, wurde in zwei Studien untersucht – jeweils eine für cUTI und cIAI. Die cUTI-Studie umfasste knapp 300 erwachsene Patienten, An der cIAI-Studie nahmen 347 Patienten teil.
Die häufigsten Nebenwirkungen von Recarbrio, die bei behandelten Patienten beobachtet wurden, waren Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Fieber und erhöhte Leberenzyme. Vorsicht ist geboten, wenn gleichzeitig Valproinsäure oder Divalproex-Natrium eingenommen wird: Es kann zu verringerten Wirkstoffspiegeln kommen, die zu epileptischen Anfällen führen können. Ebenso darf Recarbrio bei Patienten, die Ganciclovir einnehmen, nur angewendet werden, wenn der Nutzen die Risiken überwiegt. Auch hier wurde über generalisierte Anfälle berichtet.
Recarbrio erhielt von der FDA die „Qualified Infectious Disease Product-Auszeichnung“: Diese wird für antibakterielle und antimykotische Arzneimittel vergeben, die zur Behandlung schwerer oder lebensbedrohlicher Infektionen gemäß dem FDA-Gesetz über Sicherheit und Innovation bestimmt sind. In der Folge wurde Recarbrio in den USA beschleunigt zugelassen.
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