#rarediseaseday: Über 300 Millionen Menschen betroffen Cynthia Möthrath, 28.02.2021 08:04 Uhr
Jedes Jahr findet am letzten Tag im Februar der internationale Rare Disease Day statt. Mithilfe von Aktionen soll an diesem Tag auf seltene Erkrankungen und deren Auswirkungen auf das Alltagsleben der Betroffenen aufmerksam gemacht werden.
Die sogenannten „seltenen Erkrankungen“ sind trotz ihres Namens häufiger als gedacht: Fünf Prozent aller Menschen haben mindestens einmal in ihrem Leben mit einer solchen Erkrankung zu tun – damit sind weltweit über 300 Millionen Menschen davon betroffen. Allein in Deutschland leben Schätzungen zufolge etwa vier Millionen Menschen mit einer seltenen Erkrankung, in der gesamten EU geht man von 30 Millionen Menschen aus.
Oft ist die Diagnose solcher Krankheiten schwierig, weil das Wissen und die Sensibilisierung für entsprechende Krankheitsbilder fehlt. Betroffene haben meist einen langen Leidensweg mit vielen Fehldiagnosen hinter sich. Diese können unter Umständen zu einem Fortschreiten der Erkrankung führen, bevor sie überhaupt richtig erkannt wird. Die sozialen, aber auch finanziellen Belastungen können daher sehr hoch sein. Häufig sind auch die Therapien rar gesät, die Auswirkungen der Erkrankung auf das Alltagsleben können jedoch massiv sein.
Seltene Erkrankung – was bedeutet das überhaupt?
Eine Krankheit wird als „selten“ bezeichnet, wenn weniger als eine von 2000 Personen von ihr betroffen ist. So lautet die Definition des European Journal of Human Genetics. Damit zählen weltweit mehr als 6000 verschiedene Erkrankungen dazu. Ein Großteil ist genetisch bedingt – immerhin 72 Prozent. Andere sind auf Allergien, Infektionen oder Umweltfaktoren zurückzuführen. Ein gemeinsames Merkmal ist der meist chronische Verlauf. Häufig gehen die Diagnosen auch mit einer verringerten Lebenserwartung einher.
Die Therapiemöglichkeiten sind oft begrenzt: Denn aufgrund der geringen Anzahl an Betroffenen sind Studien nur schwer möglich. Auch Expert:innen auf den Gebieten sind häufig nur schwer zu finden. „Die Wege zu guten Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten häufig nicht klar ersichtlich“, erklärt auch das Bundesgesundheitsministerium (BMG). „Dies führt auch dazu, dass die Betroffenen sich oft mit ihrer Erkrankung alleine gelassen fühlen und eine Diagnose in der Regel erst deutlich verzögert gestellt wird.“
Zu den seltenen Erkrankungen zählt beispielsweise die juvenile rheumatoide Arthritis, das Asperger-Syndrom, die Amyotrophische Lateralsklerose (ALS), das Cushing-Syndrom, die vaskuläre Demenz, der Faktor-XII-Mangel, das Guillain-Barré-Syndrom oder die Hirschsprung-Krankheit. Je nach Erkrankung sind unterschiedliche Bereiche und Funktionen des Körpers oder der Psyche betroffen.
Besondere Förderung von Orphan Drugs
Das BMG hat 2010 eine Initiative für seltene Erkankungen ins Leben gerufen: Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE), einem Dachverband von Selbsthilfeorganisationen aus dem Bereich Seltener Erkrankungen, wurde das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) gegründet. Es besteht inzwischen aus 28 Bündnispartnern.
Viele der Erkrankungen können noch immer nicht zufriedenstellend erkannt und behandelt werden. Um die Situation zu verbessern, wird die Erforschung von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen für Seltene Erkrankungen gefördert. Wirkstoffe, die bei seltenen Erkrankungen, die lebensbedrohlich oder schwerwiegend sind und für die bisher keine oder keine zufriedenstellenden Behandlungsmöglichkeiten bestehen, oder die einen erheblichen Nutzen gegenüber bereits zur Verfügung stehenden Therapiemaßnahmen aufweisen, werden als „Orphan Drug“ bezeichnet. Für die Entwicklung solcher Therapien werden verschiedene Anreize geschaffen, um den wirtschaftlichen Nachteil zu kompensieren.