Der überwiegende Teil der Arzneimittelwirkstoffe, die in Deutschland verschrieben und gebraucht werden, kommt aus Asien. Das belegt eine Studie im Auftrag von Pro Generika, die erstmals die Herkunft der hierzulande benötigten Wirkstoffe untersucht hat. Sie zeigt eine Entwicklung, die vor 20 Jahren begonnen und zu einer starken Abhängigkeit seitens der europäischen Arzneimittelversorgung von der Wirkstoffherstellung in Asien geführt hat.
Demnach hat Europa seine einstige Spitzenposition bei der Wirkstoffherstellung eingebüßt: Zwei Drittel der untersuchten, für die Produktion notwendigen Wirkstoffzertifikate (CEP) gehören Lieferanten in Indien und China, die sich auf nur wenige Provinzen verteilen. Für rund ein Sechstel der untersuchten generischen Wirkstoffe gibt es keine europäischen Herstellungsstätten. In Europa werden vor allem Wirkstoffe mit vergleichsweise niedrigem Produktionsvolumen hergestellt sowie solche, deren Produktion komplex ist.
Die Studie „Woher kommen unsere Wirkstoffe? Eine Weltkarte der API-Produktion“, die die Unternehmensberatung MundiCare Life Science Strategies durchgeführt hat, liefert eine Übersicht der Herstellungsstätten von mehr als 500 Wirkstoffen und basiert auf einer Analyse der CEP – das ist die wichtigste Form der Wirkstoffzulassungen. Dr. Andreas Meiser, Autor der Studie und Geschäftsführer von MundiCare Life Science Strategies: „Mit unserer Studie zeigen wir auf, wie Europa seine dominante Stellung bei der Herstellung der Wirkstoffe eingebüßt hat. Hauptsächlich ungleiche regulatorische Rahmenbedingungen und ein massiver Kostendruck haben dazu geführt, dass die europäische Versorgung heute in hohem Maße von nur wenigen Wirkstoffherstellern in sehr kleinen Teilen der Welt abhängt. Das birgt Risiken für die Versorgung.“
Die Studie zeigt nicht nur die Abwanderung, sie belegt auch, wo es in Europa noch Wirkstoffzulassungen gibt. Konkret ermittelt sie für eine Auswahl wichtiger Wirkstoffe, zu wieviel Prozent deren europäischer Bedarf derzeit in Europa beziehungsweise in Asien hergestellt wird.
Dazu Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika: „Wir sehen hier auch eine gute Nachricht. Denn es werden noch Wirkstoffe in Europa hergestellt – und zwar in nennenswertem Ausmaß. Jetzt sollte es der Politik darum gehen, die noch vorhandene Produktion von Wirkstoffen und Arzneimitteln zu stärken und dadurch weitere Abwanderungsbewegungen zu stoppen. Das tut sie am besten, indem sie die Rahmenbedingungen ändert, die überhaupt erst zur Verlagerung nach Asien geführt haben. Es muss endlich Schluss sein mit dem extremen Kostendruck auf der Grundversorgung. Nur so können wieder Freiräume für mehr Resilienz in den Lieferketten entstehen und die Versorgung sicherer werden.“
Das gelte, so Bretthauer, auch für die Produktion der Fertigarzneimittel: „Es darf uns bei der Diskussion über mehr Liefersicherheit nicht nur um Wirkstoffe gehen. Diese allein machen noch kein Arzneimittel aus. Eine robustere Produktion von generischen Medikamenten – auch in Europa – muss alle Fertigungsschritte umfassen und sollte unser großes politisches Ziel sein.“
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