Pradaxa

Boehringer soll Daten verschwiegen haben

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Berlin -

In einem Bericht des British Medical Journal (BMJ) werden schwere Vorwürfe gegen Boehringer Ingelheim erhoben. Der Pharmakonzern soll aus Marketinggründen verschwiegen haben, dass eine ärztliche Kontrolle die Therapie mit dem Gerinnungsmittel Pradaxa (Dabigatranetexilat) sicherer machen könnte.

2011 war bekannt geworden, dass es während der Behandlung von Schlaganfallpatienten mit Pradaxa zu Hunderten von Todesfällen gekommen war. Jetzt berichtet das BMJ, dass interne Analysen des Konzerns bereits im selben Jahr ergeben hätten, dass eine kontinuierliche ärztliche Überwachung und gegebenenfalls eine Anpassung der Dosis die Behandlung mit Pradaxa sicherer machen könnten.

Interne Daten hätten gezeigt, dass dadurch das Blutungsrisiko gegenüber Warfarin um 30 bis 40 Prozent verringert werden könnte. Boehringer habe sich aus Marketingerwägungen heraus jedoch gegen eine strengere Kontrolle von Pradaxa-Patienten entschieden, so der Bericht. Dass die Patienten unter Pradaxa nicht fortlaufend durch einen Arzt kontrollieren lassen müssen, wie dünnflüssig ihr Blut geworden ist, um so die Dosis zu bestimmen (wie etwa bei Marcumar), galt als einer der großen Wettbewerbsvorteil des Präparats.

Laut Bericht hatte Boehringer Pradaxa in den USA auch explizit mit diesem Argument beworben. „Es ist nicht notwendig, Bluttests durchführen zu lassen, um herauszufinden, ob Ihr Blutverdünnungs-Niveau richtig ist“, hieß es demnach in Anzeigen, die sich an Patienten mit Vorhofflimmern wandten.

In dem Bericht wird Boehringer nun aufgefordert, die Dosierung von Pradaxa erneut genau zu bewerten. Außerdem sollen bei allen neu eingestellten Patienten Bluttests durchgeführt werden. Boehringer bestreitet, Daten unterschlagen zu haben. Der BMJ-Artikel sei „unausgewogen“ und „irreführend“ und enthalte teilweise veraltete Vorwürfe.

„Unser Unternehmen hat den Regulierungsbehörden den vollständigen Datensatz und die Analysen der klinischen Daten zum Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil von Pradaxa zur Verfügung gestellt“, teilte eine Sprecherin von Boehringer mit. Die US-Gesundheitsbehörde FDA und die Europäische Arzneimittelagentur EMA hätten zudem die Schlussfolgerungen der RE-LY-Studie bekräftigt und erklärt, dass Pradaxa bei Beachtung der Verabreichungshinweise einen bedeutenden medizinischen Nutzen bieten könne. An der Studie hatten laut Unternehmen mehr als 18.000 Patienten in mehr als 40 Ländern teilgenommen.

Das BMJ habe die Ergebnisse der RE-LY-Studie nicht in einem ausreichenden Kontext dargestellt, so die Sprecherin: „In dem betreffenden Artikel wird nicht darauf eingegangen, wie entscheidend es für Patienten mit Vorhofflimmern ist, sich vor einem potenziell verheerenden oder sogar tödlichen Schlaganfall zu schützen.“

Die RE-LY-Studie habe gezeigt, dass Pradaxa verglichen mit dem Therapiestandard einen Durchbruch bei der Verbesserung der Schlaganfallprävention darstelle, so die Unternehmenssprecherin. 2012 hätten Wissenschaftler von Boehringer mithilfe mathematischer Modelle eine vorläufige Simulationen durchgeführt, um zu verstehen, ob Dosisanpassungen auf Grundlage von Plasmakonzentrationen das Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil von Pradaxa weiter verbessern könnten. „Die Ausgangshypothese dieses mathematischen Modells konnte nach der Anwendung auf die tatsächlichen klinischen Daten der RE-LY-Population nicht bestätigt werden. Aus diesem Grund wurde sie nicht an Regulierungsbehörden weitergegeben“, hieß es.

Erst Mitte Mai habe die FDA zudem anhand der Auswertung von Behandlungsunterlagen von mehr als 134.000 Patienten über 65 Jahren die positive und sichere Wirkung des Präparats bestätigt, hieß es von dem Konzern. Auch hinge die Dosierung von Pradaxa nicht nur vom Blutverdünnungs-Niveau ab, sondern auch von individuellen Merkmalen der Patienten wie Alter, Nierenfunktion, vorherige Schlaganfälle und den anderen Medikamenten, die sie einnehmen.

Vor einigen Monaten hatte der Konzern im Rechtsstreit um die schweren Pradaxa-Nebenwirkungen einen Vergleich über 650 Millionen US-Dollar (rund 470 Millionen Euro) geschlossen. Der Vergleich umfasste alle 4000 Klagen in den USA.

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