Hormonelle Verhütung ist Frauensache. Auf die Pille für den Mann wird seit Langem vergebens gewartet. Dabei schien Mitte der 90er-Jahre alles perfekt. Doch die Hormonspritze zeigte in Studien zahlreiche Nebenwirkungen und wurde aufgegeben. Die Daten eine neuer Studie sind jedoch vielversprechend, dass in etwa zehn Jahren die Pille für den Mann auf den Markt kommen könnte – nachzulesen bei „Endocrine Society“.
Liegt die Verhütung in Männerhand, gibt es in der Regel zwei Möglichkeiten – die Verwendung eines Kondoms und die Vasektomie. Ein Forscherteam der University of Washington in Seattle um Stephanie Page hat einen neuen Wirkstoff mit Doppeleffekt in einer Studie untersucht. Die Rede ist von 11-Beta-methyl-19-Nortestosteron-Dodekylcarbonat (11-Beta-MNTDC). Hierbei handelt es sich um eine modifizierte Form von Testosteron mit zweifacher Wirkung – die eines Androgens und eines Progesterons. In der Folge wird die Testosteronproduktion gemindert. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Wirkstoff, der zwei hormonelle Aktivitäten vereint, die Spermienproduktion senkt, aber die Libido erhält“, so eine Studienautorin.
Die Studie wurde an 40 gesunden Männern über einen Zeitraum von 28 Tagen durchgeführt. Zehn Probanden wurden mit einem Placebo behandelt, die übrigen 30 mit 11-Beta-MNTDC in zwei Dosen: 14 Probanden erhielten das Verum zu 200 mg, 16 zu 400 mg einmal täglich zu einer Mahlzeit.
Unter Verum wurde ein niedriger Testosteronspiegel beobachtet. Teilweise sank dieser auf das Niveau eines Androgenmangels. Dabei verspürten die Teilnehmer keinen schwerwiegenden Nebenwirkungen. Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren im Allgemeinen gering. Vier bis sechs Teilnehmer klagten über Müdigkeit, Akne oder Kopfschmerzen. Fünf Männer berichteten von einer leichten erektilen Dysfunktion ohne geminderte Libido. Kein Teilnehmer hat die Studie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen. 11-Beta-MNTDC imitiert Testosteron und führt in der Folge zur Senkung der beiden Hormonspiegel, die an der Spermienproduktion beteiligt sind. Die Wirkung des Arzneimittel war nach dem Absetzen reversibel.
Weil das Medikament mindestens über einen Zeitraum von 60 bis 90 Tagen eingenommen werden müsste, um die Spermienproduktion zu beeinflussen, war der Studienzeitraum von 28 Tagen zu kurz, um eine optimale Spermiensuppression zu beobachten. Daher seien längere Studien geplant, um die Wirksamkeit zu untersuchen, so die Studienautoren. Zudem seien größere Studien mit sexuell aktiven Paaren nötig. Dennoch ist die Hoffnung auf eine Pille für den Mann groß. „Eine sichere und reversible hormonelle Kontrazeption für den Mann sollte in etwa zehn Jahren verfügbar sein“, so eine Studienautorin.
Vor etwa einem Jahr wurde in Indonesien die Pille für den Mann in einer Studie untersucht. Seit 1985 forscht Dr. Bambang Prajoga von der Airlangga Universität in Surabaya an dem Thema, der Mediziner hat die Phase-I- und Phase-II-Studien begleitet. Das Arzneimittel biete einen beinahe 100-prozentigen Schutz vor ungewollten Schwangerschaften, so deren Ergebnis.
Bei dem Wirkstoff handelt es sich jedoch nicht um ein Hormon, sondern um die Pflanze Justicia gendarussa. Diese wird in Indonesien für die Anpflanzung von Hecken genutzt und seit Langem als Heilpflanze gegen Angstzustände, Grippe, Hautkrankheiten oder Arthritis eingesetzt. Eine kleine ethnische Gruppe im abgelegenen Papua hat die verhütende Wirkung entdeckt und nutzt die Blätter als Teeaufguss.
Die Pflanze nimmt keinen Einfluss auf den Hormonhaushalt. Ein Enzym soll für die Wirkung verantwortlich sein. Die Spermien würden an ihrer Beweglichkeit gehindert und könnten so nicht in die Eizelle eindringen und diese befruchten. Die Wirkung setze bereits eine Stunde nach der Einnahme ein – die täglich empfohlen wird. Die normale Spermienqualität kann nach Absetzen des pflanzlichen Verhütungsmittels nach etwa 30 Tagen wieder hergestellt werden. Nebenwirkungen seien kaum zu befürchten, möglich sind eine Gewichtszunahme und eine gesteigerte Libido.
APOTHEKE ADHOC Debatte