Pille für den Mann: Hormonfrei und reversibel Nadine Tröbitscher, 03.06.2024 08:56 Uhr
Verhütung ist noch immer Frauensache. Eine Umfrage zeigt jedoch, dass hierzulande 70 Prozent der Menschen es „auf jeden Fall“ oder „eher“ befürworten würden, wenn auch Männer mit einer Pille zur Schwangerschaftsverhütung beitragen könnten. Doch bislang konnte sich kein Studienkandidat aufgrund der Nebenwirkungen durchsetzen. Forschende am Baylor College of Medicine haben eine hormonfreie Pille für den Mann entwickelt, die gesunde Spermien reversibel ausschaltet und im Mausmodell keine Nebenwirkungen zeigte.
Dass eine Genmutation der Serin-Threonin-Kinase 33 (STK33) zur Unfruchtbarkeit des Mannes führt, ist bereits bekannt. Forschenden ist es gelungen, das Protein auszuschalten – reversibel. Möglich macht dies das modifizierte CDD-2807, das sich als wirksamste Verbindung aus einer „Milliarden-Sammlung von Verbindungen“ herausstellte.
Die Wirksamkeit von CDD-2807 wurde im Mausmodell untersucht und anhand von verschiedenen Dosierungen und Behandlungsplänen die Spermienmotilität und -anzahl sowie die Fähigkeit, Weibchen zu befruchten, untersucht. Dabei zeigte sich, dass der Wirkstoffkandidat die Blut-Hoden-Schranke überwinden und so die Beweglichkeit und die Anzahl der Spermien beeinflussen kann, und dass in einer geringen Dosis.
Wirkung ist reversibel
„Wir waren erfreut zu sehen, dass die Mäuse keine Anzeichen von Toxizität durch die Behandlung mit CDD-2807 zeigten, dass sich die Verbindung nicht im Gehirn anreicherte und dass die Behandlung die Hodengröße nicht veränderte“, so Co-Studienautorin Courtney M. Sutton. „Wichtig ist, dass die empfängnisverhütende Wirkung reversibel war.“
Ziel des Teams ist es jetzt, CDD-2807 an Primaten zu untersuchen und herauszufinden, ob die Wirkung auf menschliche Spermien vergleichbar ist.
Andere hormonfreie Wirkstoffkandidaten
Eine hormonfreie und spontan einzusetzende Antibabypille für den Mann könnte laut einer US-Studie aus dem vergangenen Jahr den Durchbruch bringen. Jochen Buck und Lonny Levin vom Weill Cornell Medical College in New York forschten an dem Wirkstoff TDI-11861. Dieser wurde erstmals erfolgreich an Mäusen getestet. DI-11861 hemmt in männlichen Mäusen die lösliche Adenylcyclase (sAC). Die Spontanpille soll kurz vor dem Sex eingenommen werden.
2022 war YCT529 im Gespräch. Der Wirkstoffkandidat konnte die Spermienproduktion innerhalb von vier Wochen drastisch verringern – zumindest im Tierversuch. Eine entscheidende Rolle spielt Vitamin A, das an der Bildung von Spermien beteiligt ist. In den Hoden befinden sich Vitamin-A-Rezeptoren. Kommt kein Vitamin A an, so werden die Rezeptoren grob gesagt nicht stimuliert und die Bildung von Spermien bleibt aus. Der Wirkstoff besetzt als Inhibitor diese Retinsäurerezeptoren, sodass ankommendes Vitamin A nicht andocken kann – der Mann kann keine Spermien produzieren.