Vor sechs Jahren hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Zulassung für Kava-Kava-haltige Arzneimittel widerrufen – nun könnte das pflanzliche Anxiolytikum zurück kommen. Seit 2001 streiten die Hersteller und das BfArM um die Zulassung. Das Verwaltungsgericht Köln hat nun entschieden, dass der Widerruf der Zulassung rechtswidrig war. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Der Streit um Kava-Kava- und Kavain-haltige Arzneimittel begann bereits 2001: Das BfArM leitete aufgrund von Verdachtsfällen in der Schweiz ein Stufenplanverfahren ein. Nach Anhörung der Hersteller widerrief die Behörde die Zulassung Mitte 2002. Die Arzneimittel standen unter dem Verdacht, schwere hepatotoxische Reaktionen auslösen zu können. Die Unternehmen legten Widerspruch ein, und das BfArM ordnete ein Ruhen der Zulassung an.
Weil sich die Behörde mit den Unternehmen und dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) aber nicht darauf einigen konnte, welche Studien vorgelegt werden müssen, widerrief das BfArM die Zulassung im Dezember 2007 erneut. Ausgenommen sind homöopathische Zubereitungen mit einer Endkonzentration ab D5 und Arzneimittel, die nach der spagyrischen Verfahrenstechnik nach Zimpel hergestellt werden.
Die Richter haben diesen Widerruf nun aufgehoben. Sie betonten: Die Zulassung könne nur zurückgenommen werden, wenn sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis eines Präparats nachträglich als ungünstig erweise. Dies sei möglich, wenn feststehe, dass sich mit dem Arzneimittel keine therapeutischen Ergebnisse erzielen ließen.
Bloße Zweifel an der Wirksamkeit reichten aber nicht aus. Die Bewertung des Risikos fordere den begründeten Verdacht auf Nebenwirkungen. Hypothesen und nicht verifizierbare Vermutungen seien nicht geeignet. Nutzen und Risiko müssten schließlich in einem dritten Schritt gegeneinander abgewogen werden.
Das Verwaltungsgericht stellte klar, dass die Bewertung der Frage, ob das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig sei, vollständig der gerichtlichen Überprüfung unterliege. Dem BfArM stehe kein eigener Beurteilungsspielraum zu.
Die Richter sind überzeugt, dass sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei Kava-Kava-haltigen Arzneimitteln nicht als ungünstig darstellt: Das BfArM habe eine „gewisse“ Wirksamkeit in höherer Dosierung konstatiert, sodass nicht davon auszugehen sei, das Präparat wäre unwirksam.
Die Zahl der Meldungen zu Nebenwirkungen hingegen ist aus Sicht der Richter nicht ungewöhnlich hoch: Allein in Deutschland seien in den zehn Jahren vor dem Verbot 250 Millionen Tagesdosen abgegeben worden – weltweit habe es 110 und in Deutschland 48 Meldungen gegeben. Das Fallmaterial sei inhaltlich „ebensowenig konsistent“: Von den 48 Meldungen aus Deutschland würden nur 26 als ausreichend gut dokumentiert angesehen.
Bei der Abwägung von Nutzen und Risiken verglichen die Richter die Behandlung mit Kava-Kava-Arzneimitteln mit der Gabe von Benzodiazepinen. Von diesen Wirkstoffen gehen aus Sicht der Richter „erhebliche Gefahren“ aus: Benzodiazepine haben ein hohes Abhängigkeitspotenzial und gelten als Medikamente mit der höchsten Missbrauchsrate. Seit 2002 habe es knapp 4500 Meldungen zu Nebenwirkungen gegeben.
Insgesamt wurden vor Gericht sieben Verfahren verhandelt. Vor dem Widerruf hatten fast alle großen Hersteller ein Kava-Kava-Produkt auf dem Markt, darunter Schwabe (Laitan), Lichtwer (Maoni), Krewel-Meuselbach (Antares), Harras (Kavain), Kytta (Kytta-kava), Bionorica (Kavatino) und Queisser (Jakava).
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