Im März 2004 beantragte die Firma Grünwalder Gesundheitsprodukte aus Bad Tölz eine Zulassung für zwei „Generika“ zu Sinupret forte. Doch die Kombination aus Enzianwurzel, Eisen- und Gartensauerampferkraut sowie Holunder- und Schlüsselblumenblüten erwies sich als arzneimittelrechtlich harte Nuss. Zehn Jahre und eine Woche dauerte der Streit mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). In der vergangenen Woche gab das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) der Behörde endgültig Recht.
Im Auftrag der beiden Hersteller Hexal und Schaper & Brümmer hatte Grünwalder versucht, eine Zulassung für Präparate mit derselben Zusammensetzung wie Sinupret forte zu erhalten. Wie das Original sollten die beiden potenziellen Konkurrenzprodukte „bei akuten und chronischen Entzündungen der Nasennebenhöhlen“ eingesetzt werden.
Mit einem Umsatz von zuletzt 67 Millionen Euro ist Sinupret die wichtigste Marke von Bionorica; hierzulande entfallen knapp drei Viertel des Umsatzes auf die sechs Produkte. Entsprechend wichtig war der Prozess für die Unternehmen.
Im Verfahren ging es allerdings um grundsätzliche Fragen zur Zulassung von pflanzlichen Kombinationsarzneimitteln. Das BfArM hatte beanstandet, dass die Zusammensetzung nicht ausreichend begründet sei – insbesondere sei nicht nachgewiesen, dass jeder arzneilich wirksame Bestandteil einen positiven Beitrag leiste.
Grünwalder hatte anhand von eigens angefertigten präklinischen Studien und Sachverständigengutachten nachzuweisen versucht, dass aus der Wirkung der Einzelbestandteile eine positive Wirkung der Kombination abzuleiten sei. Da wegen dieses Effekts geringere Dosierungen eingesetzt werden könnten, sei im Vergleich zu den Einzeldrogen auch das Sicherheitsprofil besser.
Doch das BfArM ließ sich nicht überzeugen und lehnte die Zulassung im April 2006 ab. Paradoxerweise sahen die Behörde und später die Richter die klinische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kombination zwar als ausreichend belegt an – unter anderem wegen der bisherigen Markterfahrung mit dem wirkstoffgleichen Originalpräparat. „Die Wirksamkeit der Kombination bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass auch alle Einzelbestandteile für sich gesehen wirksam sind“, heißt es im OVG-Urteil.
Zum Schutz des Verbrauchers vor der Einnahme arzneilich unwirksamer Bestandteile müsse der positive Beitrag sämtlicher Einzelbestandteile ausreichend begründet werden, so die Richter weiter. Damit scheiterte der Angriff am Eisen- und Gartensauerampferkraut: Für beide Droge seien keine Monopräparate auf dem Markt und auch keine schriftlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse oder Monographien über die klinische Dosierung vorhanden, so das BfArM.
Gestritten wurde seitdem darüber, welche Risiken die Ablehnung eines Kombinationsarzneimittels nach EU-Richtlinie rechtfertigen, ob die präklinischen Daten für eine Anerkennung der beiden Einzeldrogen nicht doch ausreichen und welche Folgen sich aus der Zulassung des entsprechenden Präparats von Schaper & Brümmer in Österreich im Jahr 2009 ergeben.
Entscheidend war schließlich auch, dass Grünwalder sich nicht auf Sinupret forte beziehen konnte. Allein aus dem Umstand der Zulassung eines anderen Präparats mit identischer Wirkstoffkombination seien keine Rechte herzuleiten, so das OVG: Einen Anspruch auf Gleichbehandlung gebe es nicht, zumal keine identischen Zulassungsunterlagen vorgelegt worden seien.
Der Hinweis, dass sich die Kombinationsbegründung von Grünwalder an der Sach- und Rechtslage im […] Jahr 2005 messen lasse müsse, legt den Verdacht nahe, dass Bionorica bei der Zulassung von Sinupret forte 1997 einfach mehr Glück hatte mit der Behörde.
Am Ende hatte Grünwalder Pech: Selbst das BVerwG, das vorab sogar einer Nichtzulassungsbeschwerde des Unternehmens stattgegeben hatte, wies die Revision ab. Auf absehbare Zeit wird es damit kein wirkstoffgleiches Konkurrenzprodukt zu Sinupret forte geben.
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