Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der Europäischen Arzneimittelkommission (EMA) hat die Monographie der Arzneipflanze Tormentillwurzelstock überprüft und überarbeitet. Die Einnahme und Anwendung wird weiterhin erst ab einem Alter von 18 Jahren empfohlen.
Die wissenschaftliche Gesellschaft „Kooperation Phytopharmaka“ sprach sich für die Änderung der Monographie aus – eine Anwendung sei auch im Kindesalter sicher und eine gute Alternative zu chemischen Wirkstoffen. Die Gesellschaft setzt sich für die Belange und den Erhalt von pflanzlichen Arzneimitteln ein.
Kooperation Phytopharmaka verwies auf eine randomisierte Doppelblindstudie aus dem Jahr 2003 in der 40 Kinder zwischen 3 Monaten und 7 Jahren, die an Rotavirus litten, mit Tormentill-Extrakt behandelt wurden. Die Studie zeigte eine sichere Anwendung bei Kindern zwischen drei Monaten und sieben Jahren. Es wurden keine klinischen Nebenwirkungen festgestellt. Es konnte eine Reduktion der Stuhlfrequenz beobachtet werden. Aufgrund der unzureichenden Dokumentation des medizinischen Nutzens sieht die EMA von einer Anwendung bei Kindern ab.
Laut EMA ist die Studie unzureichend – Tormentill-haltige Arzneimittel sollen weiterhin nur bei Erwachsenen angewendet werden. Die Einnahme wird ab einem Alter von 18 Jahren zur Behandlung von leichtem Durchfall oder Entzündungen der Mundschleimhaut empfohlen. Bei Verschlechterung der Symptome sollen Erkrankte einen Arzt aufsuchen. Hält der Durchfall unter Medikamenteneinnahme länger als drei Tage an, ist über eine zusätzliche Medikation nachzudenken.
Tormentill gehört zu den Rosengewächsen und wird auch Blutwurz, Rotwurz oder Siebenfinger genannt. Der Name Blutwurz geht zurück auf den tiefroten Pflanzensaft – im Mittelalter sprach man der Pflanze blutstillende Eigenschaften zu. Heute wird die Pflanze aufgrund des hohen Gerbstoffgehaltes bei Durchfall und Hautläsionen eingesetzt. Spülungen mit Tinkturen haben sie bei entzündetem Zahnfleisch bewährt.
Schleimhäute enthalten Eiweiße. In Proteinen gebundenes Wasser wird durch Gerbstoffe verdrängt, dadurch können sie nicht oder nur sehr schwer durch Mikroorganismen abgebaut werden. Das Quellvermögen in Wasser wird vermindert, das heißt, Schleimhäute werden „abgedichtet“. Bei vorliegendem Durchfall wird der Einstrom von Flüssigkeit ins Darmlumen gemindert – das Stuhlvolumen bleibt konstant, ohne dass die Darmperistaltik gestoppt wird.
Weitere Pflanzen mit einem hohen Gerbstoffgehalt sind Hamamelisblätter (Hamamelidis folium), Walnussblätter (Juglandis folium), Eichenrinde (Quercus cortex), Ratanhiawurzel (Ratanhiae radix) und Heidelbeeren (Myrtilli fructus).
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