Auch wenn Onkologen derzeit von einer Anwendung von Methadon abraten, interessieren sich Patienten und Angehörige weiterhin für den Einsatz als Krebsmittel. Kürzlich startete ein Mann, der fünf Angehörige durch Krebserkrankungen verlor, eine Petition. Mehr als 11.000 Personen haben sie bereits unterschrieben.
„Ich fordere den Einsatz von Methadon für Chemotherapie-Patienten“, schreibt Initiatior Rainer Just. Er verlor Vater, Mutter, Lebensgefährtin, Stiefvater und Großmutter – alle starben an Krebs. Insgesamt hat er schon 11.498 Unterschriften gesammelt. Wenn die 50.000-Grenze erreicht ist, wird der Gesundheitsausschuss des Bundestages um Stellungnahme gebeten. Interessenten können noch 321 Tage den Initiator mit einer Signatur unterstützen.
„Weil ich nicht will, dass das, was mir passiert ist, auch anderen widerfährt“, begründet Just seine Idee der Petition. Als Referenz nimmt er die Behandlungserfolge von Dr. Claudia Friesen, die seit etwa zehn Jahren am Universitätsklinikum Ulm in der Krebsforschung tätig ist. Nach den Fernsehauftritten von Friesen entschloss er sich für diesen Schritt. Die Pharmaindustrie würde das Medikament zurückhalten, um teurere Medikamente zu verkaufen, so Just.
Das Forscherteam um Friesen am Universitätsklinikum Ulm hatte anhand von In-vitro- sowie Tierversuchen gezeigt, dass Methadon den Zelltod von Leukämiezellen auslösen kann. Vor etwa drei Jahren fand die Arbeitsgruppe dann heraus, dass Methadon die Chemotherapie bei bösartigen Hirntumoren, den Glioblastomen, unterstützen kann. Die Tumorzellen bilden auf ihrer Oberfläche Opioid-Rezeptoren aus, an die das Methadon sich festsetzen kann.
Dockt der Wirkstoff an, öffnet die Zelle Kanäle für das Krebsmedikament, das dann in das Innere einströmen kann. Durch die vermehrte Expression von Oberflächenrezeptoren wird die Wirkung verstärkt, gesunde Zellen werden nicht angegriffen und bleiben unversehrt.
Über all die wissenschaftlichen Erkenntnisse gab es regelmäßig Pressemitteilungen, außerdem eine Sammlung von Fragen und Antworten zum Thema Methadon. Weder die öffentlichen Mitteilungen noch die Fragensammlung sind derzeit zugänglich. Anfang Juli wurden diese von der Klinikleitung gelöscht.
Da für die Anwendung am Menschen klinische Studien fehlen, raten das Klinikum sowie Verbände von Onkologen wie auch Palliativmedizinern vom Off-label-Einsatz von Methadon als Krebsmedikament ab, da die Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist. „Der unkontrollierte Einsatz weckt bei Patienten unrealistische Erwartungen, die sich nachteilig für die Patienten auswirken können“, heißt es weiterhin. Das Klinikum unterstützt die Durchführung klinischer Studien und erwähnt, dass die Therapie mit Methadon auch mit Risiken verbunden sei.
APOTHEKE ADHOC Debatte