Eines der wichtigsten Antibiotika ist aktuell knapp: Penicillin. Der Trockensaft zum Anfertigen einer gebrauchsfertigen Suspension und Tabletten in verschiedenen Stärken werden gleich von mehreren Herstellern als defekt gemeldet. Andauern sollen die Engpässe mitunter bis zum Sommer nächsten Jahres.
Laut offiziellen Schätzungen werden mindestens 80 bis 90 Prozent aller Antibiotika in China und Indien hergestellt. Laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird für die Wirkstoffe Penicillin und Amoxicillin eine erhöhte Nachfrage verzeichnet. Für Apotheker:innen wird es derzeit immer schwieriger, Ausweichpräparate zu finden. Gerade bei wichtigen Medikamenten wie Antibiotika ist die Versorgung der Bevölkerung gefährdet. Mitunter wird ein Ende der Lieferengpässe durch die Hersteller erst für das kommende Jahr diagnostiziert.
Aktuell gibt es noch einen Hersteller, auf den zurückgegriffen werden kann: Infectopharm.
Penicillin ist eines der ältesten Antibiotika und eignet sich vor allem auch zur Behandlung von Krankheiten, die bei Schwangeren, Stillenden und Kindern auftreten. Neben der Gewinnung aus Kulturen des Pinselschimmelpilzes wird das Antibiotikum auch halb- oder vollsynthetisch hergestellt.
Anhand des Wirkspektrums unterscheidet man Schmalband- und Breitband-Penicilline. Schmalband-Penicilline wirken vor allem gegen grampositive Bakterien. Streptokokken sind vor allem Auslöser von vielen bakteriell bedingten Infektionen wie Angina. Breitband-Penicilline wirken auch gegen gramnegative Bakterien, diese können zu Beispiel eine Hirnhautentzündung auslösen.
Speziell für Schwangere und Stillende ist Penicillin zur Behandlung akuter Infektionen essenziell. Der Wirkstoff kann in jeder Phase der Schwangerschaft eingesetzt werden, ohne Schädigung des ungeborenen Kindes. Zudem ist Penicillin das Mittel der Wahl in der Stillzeit. Alternativ könnte Amoxicillin zur Behandlung eingesetzt werden. Aber auch bei diesem Präparat gibt es Lieferschwierigkeiten.
Im österreichischen Kundl werden noch Penicilline produziert, und zwar vom Wirkstoff bis zum Fertigarzneimittel. Die Frage ist: Wie lange noch? Die letzte europäische Produktionsstätte für diese lebenswichtigen Antibiotika ist mit explodierenden Energiekosten konfrontiert – und der Hersteller Sandoz überlegt, ob er angesichts der Erstattungspreise hierzulande die Reißleine ziehen muss.
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