Die Europäische Arzneibuchkommission hat in ihrer 179. Sitzung im Juni 2024 den Kaninchen-Pyrogentest in 57 Arzneibuchmonographien gestrichen. Bestimmte Sicherheitstests für Arzneimittel dürfen künftig nicht mehr an Kaninchen durchgeführt werden, sondern geschehen durch tierversuchsfreie Alternativen.
Kaninchen-Pyrogentests zum Nachweis fieberauslösender Substanzen würden zum 1. Juli 2025 aus den europäischen Vorschriften zur Arzneimittelprüfung weitgehend gestrichen, erklärte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Die Bundesbehörde bezeichnete dies als „Meilenstein in der Weiterentwicklung des Europäischen Arzneibuchs zugunsten der Vermeidung, Reduzierung und Verbesserung bisher gesetzlich vorgeschriebener Tierversuche in der Arzneimittelprüfung.“
In der Europäischen Arzneibuchkommission sind als Mitglieder der deutschen Delegation Mitarbeitende des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI) und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vertreten.
Tests auf Pyrogene sind im Europäischen Arzneibuch vorgeschrieben, da Fieber lebensbedrohlich sein kann. Der Kaninchen-Pyrogentest, der bereits in den 1940er Jahren entwickelt wurde, misst den Anstieg der Körpertemperatur der Tiere, nachdem ihnen eine zu untersuchende Substanz intravenös verabreicht wurde. Auf diese Weise können fiebererregende Stoffe wie Pyrogene und Endotoxine nachgewiesen werden. Seit seiner Einführung ist dieser Test ein wichtiger Bestandteil der Arzneimittelentwicklung, da er hilft, potenziell gefährliche Verunreinigungen in Medikamenten frühzeitig zu erkennen. Es dauerte etwa 20 Jahre, um Alternativmethoden zu entwickeln und deren Gleichwertigkeit zum Tiermodell mit fundierten Daten nachzuweisen.
Noch vor einigen Jahren wurden EU-weit Zehntausende Test pro Jahr an Kaninchen durchgeführt. Da es zunehmend andere Testverfahren gab, ging die Zahl der Versuchskaninchen für diese Tests zurück. „Rein faktisch war der Kaninchen-Pyrogentest schon länger nahezu abgeschafft“, erklärte das PEI. Doch an anderer Stelle werden Kaninchen weiterhin als Versuchstiere eingesetzt, zum Beispiel zur Produktion von Antikörpern oder in der Tumorforschung. Eine EU-Datenbank erfasste für Deutschland im Jahr 2022 mehr als 65.000 Tests an Kaninchen.
Zunächst wurde als Ersatz der Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test (LAL) entwickelt, der auf dem Blut von Pfeilschwanzkrebsen, einer gefährdeten Tierspezies, beruht. Neuere Tests, wie der rekombinante-Faktor-C-Test auf Endotoxin- und der Monozytenaktivierungstest auf Pyrogengehalt, können nun ganz auf Tiere oder Material tierischen Ursprungs verzichten. Eine Vielzahl von Initiativen wurden unter anderem durch die EU, das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Damit konnten beispielsweise im Paul-Ehrlich-Institut eine Reihe von Forschungsprojekten bearbeitet werden.
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