Parasympatholytika

Demenz durch Anticholinergika?

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Berlin -

Erst kürzlich wurde von Wissenschaftlern ein Zusammenhang zwischen Protonenpumpenhemmern und Demenzerkrankungen postuliert. Jetzt besteht bei einer weiteren Klasse von Medikamenten der Verdacht, Demenzerkrankungen zu begünstigen: Mediziner von der Indiana University haben bei einer Untersuchung herausgefunden, dass durch Anticholinergika kognitive Beeinträchtigungen entstehen können.

Anticholinergika werden gegen eine ganze Reihe von Beschwerden eingesetzt: Ipratropium und Tiotropium haben ihr Einsatzgebiet in der Behandlung der COPD, Tolterodin und Oxybutynin werden bei Reizblase verordnet. Auch gegen Krämpfe (Butylscopolamin) und als Diagnostikum (Atropin, Scopolamin) werden die Hemmstoffe des Parasympathikus angewendet.

Forscher haben jetzt bei einer Untersuchung herausgefunden, dass die Einnahme von Anticholinergika negative Auswirkungen auf die geistige Gesundheit haben kann. Die Mediziner von der Indiana University School of Medicine versuchten, die Zusammenhänge zwischen den Medikamenten und auftretenden Folgeerkrankungen besser zu verstehen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Journal of the American Medical Association“ (JAMA).

Als Datengrundlage nutzten die Forscher zwei klinische Langzeitstudien mit insgesamt 451 älteren Probanden, die sich mit den Zusammenhängen von Kognition und verschiedenen Stoffwechselvorgängen beschäftigten. Ältere Patienten wurden über drei bis fünf Jahre regelmäßig untersucht und ihre Medikamentenstatus erfasst. Die Forscher untersuchten die Gehirn-Scans und kognitiven Testergebnisse. Keine der Testpersonen litt unter kognitiven Störungen wie Alzheimer oder Demenz. Verglichen wurden die Daten zwischen Patienten unter anticholinerger Medikation und solchen, die keine Parasympatholytika erhielten.

Die Auswertung ergab ein klares Bild: Patienten unter Medikation mit Anticholinergika zeigten in beiden Studien eine signifikant reduzierte geistige Leistungsfähigkeit. Durch MRT-Messungen konnte genau gezeigt werden, dass sich die Gehirnstruktur stärker veränderte als bei den Patienten ohne entsprechende Medikation.

Das Hirnvolumen insgesamt war verringert, die Hirnrinde in Regionen, die mit der kognitiven Funktion verbunden sind, dünner bei Patienten mit parasympatholytischer Therapie. Solche Probanden erzielten erwartungsgemäß niedrigere Ergebnisse bei Tests, die auf die Erinnerung abzielten.

Außerdem war eine geringere Glukose-Verarbeitung im Gehirn zu beobachten – dies sei ein Indikator für die Aktivität des Gehirns, schreiben die Experten. Der betroffene Bereich des Gehirns ist mit der Speicherung von Erinnerungen verbunden. Außerdem werde er relativ früh durch eine auftretende Alzheimer-Erkrankung beeinträchtigt.

Da die Pathologie vieler Demenzerkrankungen mit einem Ungleichgewicht von Acetylcholin im Gehirn einhergeht, lag die Vermutung nahe, dass Anticholinergika zu kognitiven Problemen im späteren Leben führen können – jetzt gebe es mehr und mehr Belege dafür, dass dies tatsächlich so ist. Die Ergebnisse sollten Ärzte und Patienten ermutigen, über diese Medikamente zu diskutieren. Der Einsatz solcher Medikamente sollte begrenzt werden, wenn weniger risikoreiche Alternativen bestünden, fügt die Autorin hinzu.

Es gebe eine wachsende Zahl von Belegen, dass Anticholinergika zu kognitiven Problemen im späteren Leben führen können. Die Ergebnisse sollten Ärzte und Patienten ermutigen, über diese Medikamente zu diskutieren. Der Einsatz solcher Medikamente sollte begrenzt werden, wenn weniger risikoreiche Alternativen bestünden, fügt die Autorin hinzu.

Von einem kurzfristigen Einsatz der Medikamente könnten ältere Patienten daher auch weiterhin profitieren, so die Meinung der Forscher. Aber auf lange Sicht dürfe der kognitive Schaden nicht ignoriert werden. Allerdings sollten gesündere Patienten, die in der Vergangenheit bereits Fälle von Demenz in ihrer Familie hatten, besonders vorsichtig sein und alternative Behandlungen vorziehen.

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