Paracetamol: Gefahr in der Schwangerschaft? Sandra Piontek, 30.09.2022 09:40 Uhr
Immer wieder gerät der Wirkstoff Paracetamol in die Diskussion. Eine Studie aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania will einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft und späteren Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern entdeckt haben.
Die Studie, erschienen im Fachmagazin „Plos One“, wertete Daten von der First Baby Study (FSB) aus. Teilnehmerinnen waren 3006 Erstgebärende aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania in der Zeit zwischen 2009 und 2011. Forscher:innen untersuchten, wie sich die Art der Entbindung des ersten Kindes auf spätere Schwangerschaften auswirkte. Berücksichtigt wurden ebenfalls das persönliche Stressempfinden und der Medikamentengebrauch der Mütter während der Schwangerschaft im dritten Trimenon. Per Selbstauskunft wurde ein Fragebogen ausgefüllt.
Verhalten und Entwicklung
Ein Team um Professor Dr. Kristin K. Sznajder vom Pennsylvania State University College of Medicine in Hershey werteten zusätzliche Angaben zur Einschätzung des Kindes im Alter von drei Jahren aus. 2423 Mutter-Kind-Paare füllten hierzu eine Chekliste zum Verhalten des Kindes aus, die 99 Punkte umfasste. Die Befragung erlaubte so eine Beurteilung von Verhalten und neurologischen Entwicklungen der betreffenden Kleinkinder.
Gestresste Mütter
Mütter, die in der Schwangerschaft gestresst waren, gaben häufiger an, dass ihre Kinder von emotionaler Reaktivität, Ängstlichkeit und Depressivität, somatischen Beschwerden, Introvertiertheit, Schlafproblemen, Aufmerksamkeitsprobleme und Aggressivität betroffen seien. 1011 Mütter, die in der Schwangerschaft Paracetamol eingenommen hatten, gaben an, dass ihre Kinder an Schlaf- und Aufmerksamkeitsproblemen sowie Introvertiertheit litten. Damit hatten sie signifikant höhere Werte als der Rest der Befragten. Beachtet werden müsse jedoch, dass der Faktor mütterlicher Stress die Berechnungsergebnisse beeinflussen könne. Aus Sicht der Studienautoren bestätigen die Ergebnisse, dass die Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft auf ein Minimum reduziert werden müsse.
Studie mit Vorsicht betrachten
Kritik gibt es auch: Mängel weise die Studie hinsichtlich der Fakten zur Einnahmedauer und Dosierung von Paracetamol in der Schwangerschaft auf. Die Ergebnisse seien kritisch zu betrachten, so Wolfgang Paulus, Oberarzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie der Universitätsfrauenklinik Ulm. Die Einnahmephase während der Schwangerschaft spiele angesichts der unterschiedlichen Stadien der Sensibilität in der kindlichen Entwicklung eine wichtige Rolle. Laut Paulus besteht nur ein marginaler Zusammenhang zwischen der Einnahme von Paracetamol in der Schwangerschaft und kindlichen Entwicklungsstörungen.
Paulus empfiehlt, Paracetamol in der Schwangerschaft so kurz und niedrig dosiert wie möglich einzunehmen. Dies wäre besser als auf andere Schmerzmedikamente mit potentiell noch problematischerem Wirkungsprofil auszuweichen. Paracetamol sei nach wie vor ein gut dokumentiertes, sicheres Analgetikum während der Schwangerschaft.