Desensibilisierung durch orale Immuntherapie

Palforzia bei Erdnussallergie: Macht das Alter den Unterschied? Cynthia Möthrath, 05.02.2022 09:12 Uhr

Das Alter bei Therapiebeginn könnte eine wesentliche Rolle beim Erfolg einer Erdnuss-Desensibilisierung haben. Foto: Daniyar Aibekov/shutterstock.com
Berlin - 

Im Oktober kam mit Palforzia das erste Präparat zur Desensibilisierung bei Erdnussallergie auf den Markt. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erteilte dem Mittel vor kurzem eine schlechte Bewertung. Studien aus den USA belegen aktuell jedoch den positiven Effekt einer Desensibilisierung bei Erdnussallergie. Möglicherweise könnte das Alter bei Beginn der Therapie entscheidend für die Wirkung sein.

Bei Palforzia handelt es sich um ein Allergen-Pulver, welches in Form von Beuteln oder Kapseln angeboten wird. Es ist in verschiedenen Dosierungen auf dem Markt. Das enthaltene Protein basiert auf entfettetem Erdnusspulver. Um unerwünschte Reaktionen auf Erdnüsse künftig zu vermeiden, muss Palforzia nach einem bestimmten Therapieschema täglich eingenommen werden. Zunächst wird die Therapie eingeschlichen, dann individuell aufdosiert und schließlich als Erhaltungsdosis eingenommen. Angewendet werden darf Palforzia bei Kindern ab vier Jahren.

Schlechte Bewertung des IQWiG

Das IQWiG konnte Palforzia vor kurzem nicht überzeigen: Es bescheinigte dem Arzneimittel einen geringen Nutzen. „In den patientenrelevanten Endpunkten gibt es für 4- bis 17-Jährige ausschließlich Nachteile gegenüber einer reinen erdnussvermeidenden Diät. Nur in einem artifiziellen Surrogatendpunkt zeigt sich ein Vorteil“ so das Fazit.

Eine aktuelle Untersuchung aus den USA belegt jedoch den Nutzen einer Desensibilisierung: Demnach können Kinder durch einen genau dosierten Verzehr von Erdnussprotein ihre Allergie verlieren, wie das Team des Arkansas Children’s Hospital in Little Rock im Fachjournal „Lancet“ berichtet. Wie kann das sein?

Wirkung unter vier Jahren besser?

Der Unterschied: In der US-Studie erhielten die Kinder die Desensibilisierung bereits vor dem vierten Lebensjahr – sie waren bei Therapiebeginn ein bis drei Jahre alt. Palforzia hingegen ist erst ab einem Alter von vier Jahren zugelassen. Das Alter könnte also eine entscheidende Rolle beim Erfolg der Desensibilisierung spielen.

Insgesamt waren in die Studie knapp 150 Kinder mit Erdnussallergie eingeschlossen worden. 96 von ihnen erhielten über 2,5 Jahre die Desensibilisierung, 50 dagegen Placebo. Die Verum-Gruppe erhielt in steigenden Dosen das gereinigte Erdnussprotein. Die Behandlung wurde als erfolgreich eingestuft, wenn am Ende des Zeitraumes die Menge von 16 Erdnüssen entsprechend 5000 mg Erdnussprotein ohne Allergiesymptome toleriert wurde. Um die Remission zu bestätigen, wurde die Behandlung danach abgesetzt und nach 26 Wochen erneut wiederholt.

Das Ergebnis: 71 Prozent der Kinder erreichten eine Desensibilisierung, bei 21 Prozent kam es zur Remission. In der Placebogruppe war es nur ein Kind, auf welches beide Punkte zutraf. Bei einigen Kindern kam es immerhin zu einer Teilremission, definiert als Toleranz von 1755 bis 3755 mg Erdnussprotein (unter Verum 20 Kinder unter Placebo ein Kind).

Alter könnte für Therapieerfolg ausschlaggebend sein

Die besten Ergebnisse konnten bei jungen Kindern erzielt werden. Das Team geht daher davon aus, dass es vor allem in jungem Alter einen Zeitraum gibt, in dem durch eine Desensibilisierung eine Remission erreicht werden kann. Vermutlich ist der Therapiestart von Palforzia bei einem Alter von vier Jahren schlichtweg zu spät. Die endgültige Entscheidung obliegt nun dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).