Engpass bei Diabetesmedikament

Ozempic: Hype als „Abnehmspritze“

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Berlin -

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) warnt vor dem Off-label-Use von Semaglutid. Um den Wirkstoff, bekannt unter dem Handelsnamen Ozempic, gibt es einen Hype in den sozialen Medien – und jetzt ist er nur sehr begrenzt verfügbar.

Semaglutid gehört zur Gruppe der GLP-1-Rezeptor-Agonisten und ist zur Therapie bei Diabestes Typ-2 zugelassen. Die Wirkung beschreibt Professor Dr. Harald J. Schneider, Sprecher der Sektion Angewandte Endokrinologie der DGE und selbst Diabetologe und Endokrinologe, so: „Sie helfen erfolgreich bei der Kontrolle des Diabetes und beim Abnehmen, indem sie Völlegefühl verstärken und Hunger und Heißhunger reduzieren.“

Besonders effektiv in Bezug auf eine Gewichtsreduktion ist im Vergleich anderen derzeit zugelassenen GLP-1-Rezeptor-Agonisten (Exenatid, Liraglutid, Lixisenatid, Albiglutid, Dulaglutid, Semaglutid) der Wirkstoff in Ozempic. In großen klinischen Studien lag die Gewichtsreduktion unter Therapie mit Semaglutid nach 68 Wochen bei 14,9 Prozent. Bei der Placebo-Gruppe waren es nur 2,4 Prozent im gleichen Zeitraum.

Während Ozempic in den Stärken 0,25 mg, 0,5 mg und 1 mg im Handel erhältlich und nur für die Behandlung des Diabetes Typ-2 zugelassen ist, wurde die Indikation für den Wirkstoff Semaglutid inzwischen um die Therapie der Adipositas erweitert.

Seit Juni 2021 gibt es unter dem Handelsnamen Wegovy in den USA ein Präparat mit einer erhöhten Dosis (bis zu 2,4 mg einmal wöchentlich als Spritze). Auch die EU-Kommission hat Wegovy im Januar die Zulassung mit der Indikation Adipositas erteilt. Für eine Behandlung ist entweder ein BMI von 27 oder höher mit mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung oder ein BMI von 30 oder höher, jeweils in Verbindung mit der Durchführung einer kalorienreduzierten Diät und erhöhter körperlicher Aktivität, vorausgesetzt. „Aufgrund von Lieferengpässen ist es in Europa jedoch derzeit nicht erhältlich“, sagt Schneider.

Hype gefährdet Gesundheit und Versorgung

Vor allem in den USA ist der Off-label-Use sehr verbreitet, aber längst nicht mehr darauf beschränkt. Ein prominenter Vertreter, der seine Abnehmerfolge öffentlich Semaglutid zuschrieb, ist Elon Musk. Das unterstreicht Schneider: „Alleine der Hashtag ‚Ozempic‘ wurde über 350 Millionen Mal in Sozialen Medien geteilt“. Ähnlich wie zuletzt bei Elotrans verstärkt der Hype in den sozialen Medien den Engpass und gefährdet die Versorgung der Diabetiker:innen.

Nicht nur darin sieht Schneider eine Gefahr: „Die unkontrollierte Anwendung ohne Indikation ist mit Risiken und Nebenwirkungen verbunden, etwa Übelkeit und Erbrechen. Aber auch Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse und Gallenblase können die Folge sein. In Tierversuchen fand man zudem ein potenziell erhöhtes Risiko für bestimmte Schilddrüsenkrebsarten.“ Hinzu kämen fehlende Studien zu Langzeitwirkungen. Die Experten raten von einer Anwendung ohne erfahrene ärztliche Begleitung dringend ab.

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