Entwicklungsstörung

Oxytocin gegen Autismus dpa, 16.02.2010 10:18 Uhr

Lyon/Washington - 

Das Hormon Oxytocin könnte möglicherweise bei Autismus helfen. Die Patienten haben typischerweise Schwierigkeiten, mit anderen Menschen zu kommunizieren, ihnen in die Augen zu schauen und ihre Mimik und Gestik zu verstehen. Neurowissenschaftler in Frankreich gaben 13 erwachsenen Menschen mit der Entwicklungsstörung ein Oxytocin-Nasenspray. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen deuten darauf hin, dass das Hormon den Patienten den sozialen Umgang mit anderen Menschen erleichtern könnte.

Die Studienteilnehmer hatten Formen von Autismus, bei denen die Intelligenz normal bis überdurchschnittlich entwickelt ist. Nach der Gabe von Oxytocin per Nasenspray spielten die Patienten Ballwerfen am Computer mit drei virtuellen Partnern. Die drei Computerfiguren spielten den Ball unterschiedlich häufig an die Patienten zurück.

Die Forscher wollten herausfinden, ob die Patienten sich für den „guten“ Ballpartner entscheiden würden, also für den, der ihnen den Ball am häufigsten zuwarf. Die Studienteilnehmer, die Oxytocin erhalten hatten, wandten sich tatsächlich dem „guten“ Ballspieler zu und spielten diesem den Ball häufiger zu als den anderen. Nach eigenen Angaben hatten sie mehr Vertrauen zu ihm. Patienten ohne Oxytocin machten diese Unterscheidung nicht.

In einem zweiten Test sahen sich die Patienten Abbildungen von Gesichtern an. Sie sollten sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt und in welche Richtung das Gesicht schaut. Mit Oxytocin schauten die Autisten den Gesichtern länger in die Augen und fühlten sich den Angaben zufolge weniger unwohl dabei. Im Vergleich zu Menschen ohne die Entwicklungsstörung verweilte ihr Blick jedoch deutlich kürzer auf den Augen des Gegenübers.

Die Veränderungen im Sozialverhalten seien insgesamt sehr unterschiedlich gewesen, berichten die Forscher. Weitere Studien über die regelmäßige Gabe von Oxytocin seien notwendig, um den Einsatz des Hormons genau zu überprüfen.

Die Entstehung von Autismus ist bislang noch nicht geklärt. Eine Reihe von genetischen und neurobiologischen Faktoren soll dabei eine Rolle spielen, unter anderem auch Oxytocin. Das Hormon beeinflusst beispielsweise das Vertrauen und die Bindung zwischen Mutter und Neugeborenem, die sexuelle Aktivität bei Erwachsenen und soll ausgleichend bei Stress wirken.

Die Studie der Forscher vom Zentrum für Kognitive Neurowissenschaften in Lyon ist in den Proceedings der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) veröffentlicht.