Die neurotrophe Keratitis ist eine seltene Erkrankung. Nach Schätzungen erkranken weniger als 5 von 10.000 Menschen an der degenerativen Schädigung der Hornhaut. In Deutschland ist das Orphan drug Oxervate (Cenegermin, Dompé Farmaceutica) im November auf den Markt gekommen. Jetzt hat auch die US-Arzneimittelbehörde FDA den Augentropfen die Zulassung erteilt.
Cenegermin ist eine Rekombinante des humanen Nervenwachstumsfaktors (NGF). Das vom menschlichen Körper produzierte Protein ist für die Differenzierung, Erhaltung sowie das Überleben von Nervenzellen verantwortlich. NGF-Rezeptoren werden im vorderen Augenabschnitt – Horn- und Bindehaut, Iris, Ziliarkörper und Linse – durch die Tränendrüse und das intraokulare Gewebe im hinteren Augenabschnitt exprimiert. Die Therapie mit Oxervate soll die Hornhautintegrität wieder herstellen. Denn infolge der neurotrophen Keratitis können Hornhautverdünnung, Ulzeration und in schweren Fällen eine Perforation der Hornhaut auftreten.
„Bislang musste auf chirurgische Eingriffe zurückgegriffen werden. Diese Form der Behandlung ist bei der neurotrophen Keratitis jedoch nur palliativ. Die Zulassung von Oxervate bietet eine neuartige topische Behandlung und stellt einen großen Fortschritt dar, der vielen Patienten eine vollständige Heilung der Hornung ermöglichen kann“, sagt Wiley Chambers, Augenarzt im Zentrum für Arzneimittelbewertung und -forschung der FDA.
Die Zulassung für Oxervate wurde im Priority Review erteilt. Das beschleunigte Zulassungsverfahren soll einen schnellen Zugang – binnen sechs Monaten nach Antragstellung – zu Arzneimitteln gegen schwerwiegende Erkrankungen ermöglichen, die eine signifikante Verbesserung in puncto Sicherheit oder Wirksamkeit haben.
Sicherheit und Wirksamkeit von Oxervate wurden an insgesamt 151 Patienten mit neurotropher Keratitis in zwei randomisierten kontrollierten multizentrischen, doppelblinden Studien untersucht. Die erste Studie randomisierte die Probanden in drei Gruppen: Oxervate, Oxervate, Cenegermin in anderer Konzentration, Placebo. In der zweiten Studien wurden lediglich zwei Gruppen – Verum oder Placebo – randomisiert. Über einen Zeitraum von acht Wochen wurden den Probanden sechsmal täglich die entsprechenden Augentropfen verabreicht. Die Ergebnisse aus beiden Studien zeigen, dass unter Oxervate in 70 Prozent eine vollständige Heilung der Hornhaut über den Beobachtungszeitraum erreicht wurde. Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen unter Oxervate sind Augenschmerzen, Augenhyperämie, Augenentzündung sowie eine erhöhte Tränensekretion.
Oxervate hat im Juli 2017 die EU-Zulassung erhalten. In Deutschland sind konservierungsmittelfreie Augentropfen au dem Markt. Geträufelt wird sechsmal täglich im Abstand von zwei Stunden über einen Zeitraum von zwölf Stunden. Begonnen wird stets am Morgen zur gleichen Zeit. Das Arzneimittel wird in einem Wochenkarton von sieben Mehrdosenbehältnissen zu einem Milliliter ausgeliefert. Eine Flasche sichert die Anwendung für einen Tag, danach ist das Mehrdosenbehältnis zu entsorgen, die maximale Haltbarkeit nach Öffnung beträgt zwölf Stunden.
Geliefert wird das Arzneimittel tiefgefroren und in einer Isolierbox inklusive Zubehör. Hierbei handelt es sich um einen Adapter für die Durchstechflasche, Pipetten und Desinfektionstücher. Dem Paket liegen 42 Pipetten bei, denn für jede Anwendung sollte ein neues Zubehör eingesetzt werden.
In der Apotheke muss das kühlkettenpflichtige Arzneimittel zwischen -15 und -25 Grad gelagert werden. Nach Abgabe an den Patienten genügt eine Aufbewahrung der unbenutzten Flaschen im Kühlschrank. Das Behältnis, das verwendet wird, kann im Kühlschrank oder bis maximal 25 Grad gelagert werden.
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