Otriven: GSK will keine neue Pipette Alexandra Negt, 28.01.2020 12:38 Uhr
Die Arzneimittelkommission (AMK) warnte vergangene Woche vor potenziellen Medikationsfehlern bei Otriven Nasentropfen für Säuglinge (Xylometazolin). Bereits im vergangenen Jahr wurden die Produktinformationen diesbezüglich angepasst. Und das reicht laut Aussagen des Herstellers aus: GlaxoSmithKline (GSK) verweist auf zugefügte Hinweise in den Fach- und Gebrauchsinformationen, sowie auf den seit diesem Januar neuen Dosierungshinweis auf der Umverpackung. An einer Weiterentwicklung des Präparates sei man aber weiterhin interessiert.
„Um die Sicherheit in der Anwendung der Otriven-Nasentropfen für Säuglinge zu erhöhen, haben wir erst kürzlich zusätzliche Maßnahmen ergriffen“, erklärt eine Sprecherin. Sie verweist auf die 2018 neu hinzugefügten Warnhinweise in Fach- und Gebrauchsinformationen. „Wir haben den Warnhinweis in Fach- und Gebrauchsinformation von Otriven gegen Schnupfen 0,025 Prozent umformuliert, um noch gezielter auf die richtige Anwendung hinzuweisen und hervorzuheben, dass bei Neugeborenen und Säuglingen unter einem Jahr besondere Vorsicht geboten ist.“
Es ist kein Alternativprodukt verfügbar. Otriven ist das einzige am Markt befindliche Xylometazolin-haltige Produkt in der geringen Dosierung von 0,025 Prozent. Verschreibt der Arzt das Präparat, so könne Apotheker und PTA keinen Austausch vornehmen und müssen auf die Möglichkeit der Überdosierung hinweisen. Die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK) bittet das Apothekenpersonal, die Eltern angemessen zur Dosierungsempfehlung und zur richtigen Anwendung der Dosierpipette gemäß Gebrauchsinformation zu informieren und die Applikation gegebenenfalls zu demonstrieren. Die Gefahr der Überdosierung könne hierdurch minimiert werden.
GSK hat nach Angaben der Sprecherin seit Januar die Sichtbarkeit der Dosierungsangabe deutlich erhöht und den Hinweis „Maximale Dosierung: zwei- bis dreimal täglich ein Tropfen pro Nasenloch!“ auch auf der Umverpackung abgebildet. Diese Hinweissätze genügen laut Hersteller aktuell, um die sichere Anwendung des Produktes zu gewährleisten. An einer Weiterentwicklung der Produkte sei man dennoch weiterhin interessiert, hierfür werde man regelmäßig mögliche Optionen evaluieren.
Apotheker Gunnar Müller reichen die Warnhinweise nicht, deshalb wandte er sich per Brief direkt an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Auch eine Demonstration hält er für unangemessen, das Risiko der Überdosierung würde so nicht eliminiert werden. „Das Medikament verfügt über keine geeignete Dosierpipette, mit der eine ordnungsgemäße Dosierung (ein Tropfen) sicher vorgenommen und eine Überdosierung sicher vermieden werden kann. Die Pipette verfügt insbesondere über keine Gradierung.“ Er forderte die Behörde auf, das Ruhen der Zulassung für die Nasentropfen anzuordnen.
In seinem Brief an das BfArM schreibt er: „Es ist deshalb auch völlig unverständlich, dass Apotheken von Fachkreisen aufgefordert werden, angemessen zur richtigen Anwendung zu informieren und die richtige Applikation zu demonstrieren.“ Andere Tropfen mit Xylometazolin in der niedrigen Dosierung sind nicht mehr am Markt. Mehrere Eltern berichteten darüber, dass die zuverlässige Verabreichung der empfohlenen Menge nur schwer umzusetzen sei – je jünger das Kind sei, desto größer gestalteten sich die Schwierigkeiten.
Das Thema zieht große Kreise, so landete Müller mit seiner Forderung am Wochenende etwa bei Focus Online. Unter dem Titel „Apotheker fordern Verbot von Otriven-Nasentropfen für Säuglinge“ bezog sich das Magazin auf seine Initiative. Mittlerweile war auch RTL in seiner Apotheke, der Beitrag lief in „Guten Morgen Deutschland“. Auch in den sozialen Medien wird die ungenaue Kunststoffpipette seitdem diskutiert. Müller verweist auf alternative Packmittel: „Für eine dosiergenaue Anwendung gibt es sicherlich andere Systeme.“