OTC-Medikamente

Novartis: Herpes-Pille für die Sichtwahl

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Berlin -

Mit seiner Herpes-Creme hatte Novartis zuletzt nicht viel Glück: Vor einem Jahr wurde dem Konzern gerichtlich untersagt, das Penciclovir-haltige OTC-Produkt weiter unter der Dachmarke Fenistil zu vertreiben. Mittlerweile wurde auf die Marke Pencivir umgestellt, der jetzt eine Innovation zur Seite gestellt werden könnte: Mit Afamcivir (Famciclovir) will Novartis das erste systemisch wirkende Herpesmittel in die Sichtwahl bringen.

Famciclovir ist ein Prodrug von Penciclovir, das oral eine schlechte Bioverfügbarkeit aufweist. Der Wirkstoff war 1998 unter generischer Bezeichnung von SmithKline Beecham auf den Markt gebracht und 2000 an Novartis übertragen worden. Nach Stationen bei Sandoz und Hexal wurde das Produkt 2011 unter der Marke Famvir in die Pharmasparte von Novartis eingegliedert.

Bislang wurde Famvir gegen Herpes zoster und Herpes genitalis verordnet; zeitweise war das Produkt für Umsätze von mehr als einer Viertel Milliarde US-Dollar gut. In den USA musste sich der Hersteller allerdings bereits vor Jahren rechtlich gegen allzu vorschnelle Generikakonkurrenten wehren.

Das Wirkstoffpatent lief schließlich 2008 in Europa und 2010 in den USA aus, andere Anwendungspatente fallen in den kommenden Monaten. Novartis muss sich also beeilen, um sich noch vor der Konkurrenz in der Sichtwahl zu platzieren.

Anfang Juli entscheidet der zuständige Sachverständigenausschuss über einen Antrag des Herstellers, den Wirkstoff zur oralen Behandlung von rezidivierendem Lippenherpes aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Nur immunkompetente Erwachsene kommen für die Selbstmedikation infrage. Betroffen ist die Einmaldosis von 1500 Milligramm, pro Packung gibt es eine einzelne Filmtablette.

Pencivir gehört neben dem Marktführer Zovirax (GlaxoSmithKline, GSK) und verschiedenen Aciclovir-Generika zu den führenden Produkten in seiner Indikation. Das Produkt war 2005 unter Namen Vectavir für die Selbstmedikation eingeführt worden, zum 1. Juli desselben Jahres erfolgte die Umbenennung. Trotz juristisch unklarer Situation sicherte sich der Hersteller damals mit Hilfe einer massiven TV-Kampagne innerhalb weniger als eines Jahres einen Marktanteil von einem Drittel.

Bei Afamcivir dürfte mit einem ähnlichen Aufschlag zu rechnen sein. Sollte der OTC-Switch gelingen, könnten künftig übrigens alle drei Markenprodukte vom selben Unternehmen vertrieben werden: Denn Novartis und GSK wollen ihre OTC-Sparten fusionieren. Dabei hatte Novartis die Rechte für Famciclovir überhaupt erst bekommen, weil die Kartellbehörden bei der Gründung von GSK auf den Verkauf gedrungen hatten.

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