Mit Lioran hat der Hersteller Niehaus Pharma zweieinhalb Jahre nach der Markteinführung einen festen Stand in den Apotheken. Dank erheblicher Investitionen in Endverbraucherwerbung hat es das Passionsblumenpräparat auf Platz 5 unter den Sedativa geschafft. Jetzt bringt Niehaus das zweite Produkt auf den Markt: Gasteo tritt als pflanzliches Verdauungsmittel gegen keinen Geringeren als Iberogast an.
Ein Jahr lang hat Firmenchef Andreas Niehaus an der Entwicklung von Gasteo gearbeitet. Die Idee war schlicht: Während in anderen Segmenten starker Konkurrenzdruck herrsche, gebe es keine ernst zu nehmende Alternative zu Iberogast, so Niehaus. Am Ende wurde er beim Lohnhersteller Dr. Gustav Klein fündig: Gasteo enthält Gänsefingerkraut sowie Kamillenblüten, Süßholz- und Angelikawurzel und Benedikten- und Wermutkraut.
Vor allem über den höheren Gehalt an Bitterstoffen will Niehaus sich vom großen Vorbild abgrenzen: Aus vielen Lebensmitteln seien diese Substanzen aus geschmacklichen Gründen verschwunden; dadurch fehle aber nicht nur der appetitmindernde Effekt, sondern auch die verdauungsfördernde Wirkung. Fazit: Immer mehr Menschen litten an Magen-Darm-Beschwerden. „Deshalb bin ich überzeugt, dass Gasteo ein wirklich gutes Produkt ist, das in den Zeitgeist passt“, so Niehaus.
Allerdings macht sich der Unternehmer keine Illusionen, dem Platzhirsch nennenswert Marktanteile abjagen zu können: „Wenn in der Apotheke ein Kunde nach einem pflanzlichen Magen-Darm-Mittel fragt, wird er in den allermeisten Fällen dasselbe Produkt empfohlen bekommen.“ Niehaus hofft aber, im Windschatten mitfahren zu können: „Unser Ziel ist es, am Marktwachstum in diesem Segment zu partizipieren.“
1960 vom heute zu Bayer gehörenden Familienunternehmen Steigerwald eingeführt, kam Iberogast im vergangenen Jahr auf Erlöse von 80 Millionen Euro. Seit dem Rückruf von MCP haben die Verkäufe rasant zugelegt, alleine im dritten Quartal um 22 Prozent. Iberogast enthält bittere Schleifenblume, Schöllkraut, Kamillenblüten, Kümmel- und Mariendistelfrüchte, Melissen -und Pfefferminzblätter sowie Angelika- und Süßholzwurzel.
Um überhaupt eine Chance zu haben, setzt Niehaus auch auf einen günstigeren Preis: Während Iberogast in der Packung zu 20 ml 9,90 Euro kostet, ist Gasteo zu 7,85 Euro gelistet. Die Variante mit 50 ml kostet 15,70 Euro statt 19,55 Euro. Außerdem will Niehaus in den kommenden Monaten wieder massiv in Endverbraucherwerbung investieren.
Mit diesem Konzept war er bereits bei Lioran erfolgreich. Im Sommer 2012 eingeführt, kam das pflanzliche Sedativum in den zwölf Monaten bis Ende September auf Erlöse von 13,3 Millionen Euro auf Basis der Apothekenverkaufspreise. Zum Vergleich: Neurexan (Heel) liegt bei 35 Millionen Euro, Baldriparan (Pfizer) bei 28 Millionen Euro, Hoggar (Stada) bei 21 Millionen Euro und Lasea (Schwabe) bei 19,5 Millionen Euro.
Damit hat der Newcomer gleich mehrere Traditionsmarken überholt: Vivinox (Bausch+Lomb) kommt auf 13 Millionen Euro, Calmvalera (Hevert) auf 7 Millionen Euro, Kytta-Sedativum (Merck) auf 6 Millionen Euro und Sedariston (Aristo) auf 5,5 Millionen Euro.
Allerdings Niehaus auch massiv in den Aufbau der Marke investiert: 2013 standen Erlösen von 7,9 Millionen Euro Bruttowerbeausgaben von 7 Millionen Euro gegenüber. Ob sich mit Lioran auf absehbare Zeit Gewinne erzielen lassen, steht angesichts zuletzt wieder stark gestiegenen Wettbewerbsdrucks in den Sternen.
Vor seiner Selbstständigkeit hatte Niehaus von 2008 bis 2012 als Vertriebsleiter bei Boehringer Ingelheim gearbeitet, davor war er zwei Jahre lang Marketingleiter im Bereich der Selbstmedikation. 2000 hatte er als Produktgrupppenleiter unter anderem den OTC-Switch von Mucosolvan begleitet.
Begonnen hat Niehaus, der Ende November seinen 50. Geburtstag feiert, seine Karriere 1992 bei der Deutschen Chefaro, wo er unter anderem für Ibutop und Azaron zuständig war. Von 1995 bis 2000 war er bei Klosterfrau für Melissengeist und Franzbranntwein verantwortlich.
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