OTC-Marken

Kein Forte für Lemocin

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Berlin -

Novartis darf seine Lutschpastillen mit Benzocain nicht länger „Lemocin Forte mit Benzocain“ nennen. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden und damit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Recht gegeben. Das BfArM hatte argumentiert, die Bezeichnung „Forte“ sei irreführend, weil es keinen Nachweise gebe, dass das Präparat stärker wirke als Lemocin.

Der Streit um die Zusatzbezeichnung „Forte“ tobt schon seit vier Jahren. 2007 hatte Novartis die Benzocain-Pastillen – damals hießen sie Anaestheform-Pastillen – von Dr. Ritsert Pharma übernommen. Ein Jahr später wurden sie in „Benzocain 7mg Lutschpastillen“ umbenannt. Damit war Novartis aber offenbar noch nicht zufrieden: 2009 wollte der Schweizer Pharmakonzern die Bezeichnung in „Lemocin Forte“ ändern, um die Bekanntheit seiner 1985 eingeführten Marke zu nutzen.

Das BfArM akzeptierte diese Änderung jedoch nicht und erklärte, der Zusatz sei irreführend. Die Behörde befürchtete eine deutliche Verwechslungsgefahr mit Lemocin (Lidocain, Tyrothricin und Cetrimoniumbromid). Das BfArM und Novartis einigten sich 2010 schließlich auf die Bezeichnung „Lemocin mit Benzocain“. Nur zwei Monate später teilte Novartis dem BfArM allerdings mit, den Namen zu „Lemocin Forte mit Benzocain“ geändert zu haben.

2011 lehnte das BfArM die Änderung des Zulassungsbescheids zu der Namensänderung ab. Dagegen klagte Novartis und erklärte, das Präparat sei unter dem neuen Namen bereits in den Verkehr gebracht worden.

Aus Sicht der Richter ist die Klage allerdings unbegründet: Durch den Zusatz „Forte“ entstehe bei Verbrauchern die Vorstellung, dass es sich um ein Arzneimittel mit einer stärkeren, schnelleren oder nachhaltigeren Wirksamkeit handele.

Dieser Eindruck werde durch das Packungsdesign verstärkt. Dort sei der Zusatz „Forte“ sehr groß und auffällig vor rotem Hintergrund angebracht. Auf der Internetseite werde zudem eine stärkere Wirksamkeit beworben.

Ein Vergleich von Lemocin und „Lemocin Forte mit Benzocain“ sei jedoch nicht möglich. Novartis hatte vorgebracht, dass Lemocin 1 mg des Lokalanästhetikums Lidocain enthalte, „Lemocin Forte mit Benzocain“ aber 7 mg Benzocain. Einen wissenschaftlichen Nachweis für eine stärkere Wirksamkeit der Benzocain-Pastillen im Vergleich zu Lemocin habe Novartis aber nicht erbracht, so die Richter.

Die Gefahr der Irreführung wird aus Sicht der Richter nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Medikament apothekenpflichtig ist: „Eine fachkundige Beratung durch den Apotheker ist nicht verpflichtend und findet in der Praxis auch vielfach nicht statt“, heißt es in dem Urteil.

Die Möglichkeit einer Aufklärung durch Apotheker werde durch die Zunahme des Versandhandels immer weniger wahrgenommen: „Insbesondere im Internet treten auch die sonstigen Informationstexte kaum in Erscheinung, so dass hier der Arzneimittelbezeichnung besondere Aufmerksamkeit zukommt.“

Ähnlich hatten das Verwaltungsgericht und später das Oberverwaltungsgericht in Sachen Fenistil gegen Lippenherpes entschieden. Auch die von Bayer angestrebte Umbenennung von Aleve in „Aktren Naproxen“ ließen die Richter nicht zu.

Die Hersteller klagen seit längerem, dass sie je nach Sachbearbeiter beim BfArM bei Produktneueinführungen mitunter regelrecht gegängelt werden – auch wenn es keine Dachmarkenstrategie gibt. Im März hatte die Behörde zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eine Leitlinie veröffentlicht, anhand derer alle Neueinführungen geprüft werden sollen. Irreführende und verharmlosende Arzneimittelnamen sollen so künftig verhindert werden.

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