Erneut gibt es positive Daten für Ozempic (Semaglutid, Novo Nordisk): In oraler Form soll der Wirkstoff anderen Antidiabetika überlegen sein. Wenn es zugelassen wird, wird orales Semaglutid der erste und einzige orale GLP-1-Rezeptoragonist für Menschen mit Typ-2-Diabetes sein. Die Ergebnisse wurden auf der 55. Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) vorgestellt.
Die neuen Ergebnisse stammen aus einer explorativen Analyse des Pioneer-Studienprogramms: Demnach verbessert orales Semaglutid in den Stärken 3, 7 und 14 mg die HbA1c-Ausgangswerte und damit die Blutzuckerkontrolle bei Menschen mit Typ-2-Diabetes. Die Ergebnisse zeigen eine stärkere Reduktion von HbA1c mit 7 mg und 14 mg oralem Semaglutid gegenüber den Vergleichspräparaten Jardiance (Empagliflozin), Januvia (Sitagliptin) Victoza (Liraglutid) und Placebo. Orales Semaglutid ist ein einmal täglich in der Erprobung befindliches glucagonartiges Peptid-1-Analogon (GLP-1) in Tablettenform.
In der Analyse wurden die Daten von über 5500 Teilnehmern der verschiedenen Pioneer-Studien anhand der HbA1c-Basislinie versuchsweise gruppiert: Der Anteil der Menschen mit Typ-2-Diabetes, die ein HbA1c-Ziel von < 7 Prozent erreichten, war – in allen Studien und über alle HbA1c-Baseline-Untergruppen hinweg – verglichen mit 7 und 14 mg oralem Semaglutid bei den Vergleichspersonen höher. Das Sicherheitsprofil von oralem Semaglutid im gesamten Pioneer-Programm stimmte mit demjenigen der GLP-1-Rezeptoragonistenklasse überein und ähnelte demjenigen, das mit subkutanem Semaglutid beobachtet wurde. „Diese Analyse untermauert die Ergebnisse des Studienprogramms und belegt die Wirksamkeit von oralem Semaglutid bei der HbA1c-Reduktion im Vergleich zu häufig angewendeten Typ-2-Diabetes-Behandlungen“, sagte Mads Krogsgaard Thomsen von Novo Nordisk.
Semaglutid ist ein Analogon für das menschliche Glukagon-Like-Peptid 1 (GLP-1). Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der Inkretinmimetika, die blutzuckersenkende Eigenschaften haben. GLP-1-Analoga stimulieren die Insulinfreisetzung aus den Langerhans-Inseln und unterdrücken die Glukagon-Sekretion: In der Leber wird weniger Glukose produziert. Zudem verzögern sie die Magenentleerung und reduzieren das Körpergewicht. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Natürliches GLP-1 wird nach dem Essen freigesetzt. Es wird im Körper jedoch schnell abgebaut. Das Analogon hat eine vergleichsweise längere Halbwertzeit.
Bereits im Februar vergangenen Jahres erhielt der dänische Hersteller die Zulassung für Semaglutid als Injektionslösung. Bisher ist das Arzneimittel jedoch immer noch nicht auf dem Markt: Grund dafür ist das Durchlaufen der frühen Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA): Aktuell befindet sich Novo Nordisk laut einer Sprecherin noch in den Preisverhandlungen, daher könne noch keine Aussage getätigt werden, wann Ozempic in Deutschland eingeführt werde. Das Arzneimittel ist geeignet zur Behandlung von erwachsenen Typ-2-Diabetikern. Betroffene mit unzureichend kontrolliertem Diabetes können das Arzneimittel in Ergänzung zu Bewegung und einer kalorienreduzierten Ernährung einmal wöchentlich anwenden. Semaglutid kann als Monotherapie – wenn Metformin ungeeignet ist – oder in Kombination mit anderen Antidiabetika eingesetzt werden.
Die besondere Strukturmodifikation von Semaglutid in der Injektionslösung macht es gegen den Abbau durch Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4) resistent und verbessert die Bindung an Albumin. Diese Besonderheit führt zu einer Halbwertszeit von etwa einer Woche: Appliziert wird daher einmal wöchentlich zu einem beliebigen Zeitpunkt und unabhängig von den Mahlzeiten. Die Therapie wird mit 0,25 mg einmal wöchentlich begonnen. Ist eine Dosissteigerung für eine bessere Einstellung des Blutzuckerspiegels nötig, kann nach mindestens vier weiteren Wochen auf eine Dosis von 0,5 mg einmal wöchentlich erhöht werden. Nach weiteren vier Wochen ist eine Steigerung auf 1 mg einmal pro Woche möglich.
Post-hoc-Analysen bestätigen Ozempic ein verringertes Risiko der wichtigsten unerwünschten kardiovaskulären Ereignisse (MACE) – definiert als nichttödlicher Myokardinfarkt, nichttödlicher Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod. Die Teilnehmer wurden mit Ozempic oder Placebo zusätzlich zur Standardtherapie behandelt. Im Ergebnis wurde nach einem Zeitraum von mehr als zwei Jahren ein um 26 Prozent geringeres Risiko für MACE in der Verum-Gruppe dokumentiert.
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