Angelini launcht ein neues Epilepsie-Medikament. Das Cenobamat-haltige Antikonvulsivum Ontozry wird zur adjunktiven Behandlung von Erwachsenen mit fokalen Anfällen eingesetzt, die durch vorangegangene Medikationen keinen Therapieerfolg verzeichnen konnten. Ursprünglich sollte Arvelle Therapeutics die Markteinführung in Europa übernehmen. Das Unternehmen wurde Anfang des Jahres von Angelini übernommen.
Ontozry dient der Behandlung von Erwachsenen mit Epilepsie, die unter fokalen Anfällen mit oder ohne sekundärer Generalisierung leiden und bei denen kein Therapieerfolg trotz einer vorangegangenen Behandlung mit zwei antiepileptischen Arzneimitteln erzielt werden konnte.
Cenobamat ist ein kleines Molekül mit einem dualen Wirkmechanismus. Der Arzneistoff ist ein positiver allosterischer Modulator von Subtypen des γ-Aminobuttersäure (GABAA-)-Ionenkanals. Das Molekül bindet nicht an die Benzodiazepin-Bindungsstelle. Cenobamat verstärkt darüber hinaus die Inaktivierung von Natriumkanälen und hemmt die persistente Komponente des Natriumstroms.
Cenobamat wird aufdosiert. Die Anfangsdosis sollte 12,5 mg pro Tag entsprechen. Die Zieldosis liegt bei 200 mg pro Tag. Eine Maximaldosierung von 400 mg täglich ist möglich. Diese Dosis sollte aufgrund der Nebenwirkungen nicht überschritten werden. Angelini gibt folgenden Titrationsplan vor:
„Wir freuen uns, dem deutschen Markt mit dem Launch von Ontozry eine neue hoffnungsvolle Therapieoption für Menschen mit fokalen Anfällen anbieten zu können“, so André Kindling, General Manager Angelini Pharma Deutschland. „Wir werden auch zukünftig an neuen Therapieansätzen forschen, um diese möglichst vielen Betroffenen zugänglich zu machen.“
Die Zulassung beruht auf einer klinischen Evidenz bei über 1900 Patienten mit fokalen Epilepsien. Innerhalb zweier multizentrischer, randomisierter, doppelblinder und Placebo- kontrollierter klinischen Studien konnte die Sicherheit des Wirkstoffes überprüft werden. In der zulassungsrelevanten Studie C017 wurde eine signifikante Verringerung der Anfallshäufigkeit unter der Behandlung mit Cenobamat plus Standardbehandlung im Vergleich zu Placebo plus Standardbehandlung beobachtet. Unter der Behandlung mit Cenobamat konnte eine Anfallsfreiheit erreicht werden.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Somnolenz, Schwindelgefühl, Ermüdung, Sehstörungen und andere ZNS-bezogene Symptome. Es kann darüber hinaus zu gastrointestinalen beschwerden wie Durchfall, Verstopfung, Übelkeit und Erbrechen kommen.
Bis zu 800.000 Menschen in Deutschland leiden unter Epilepsie. 60 Prozent der Betroffenen erfahren fokale Anfälle. Diese sind häufiger unzureichend kontrolliert als generalisierte Anfälle. Angelini berichtet, dass rund 40 Prozent dieser Patienten auch nach Therapieversuchen mit zwei unterschiedlichen Antikonvulsiva weiterhin Anfälle haben und somit als phamakoresistent gelten. „Diese Behandlungsergebnisse haben sich in den letzten 20 Jahren trotz zahlreicher verfügbarer antikonvulsiver Medikamente nicht wesentlich verbessert“, so Angelini.
Arvelle, das Unternehmen, welches Cenobamat auf den europäischen Markt bringen sollte, wurde erst Anfang 2019 gegründet. Das Team in der Schweiz hat nicht nur den Zulassungsantrag gestellt, sondern auch eine europaweite Organisationsstruktur entwickelt. Angelini zahlte im Januar 610 Millionen US-Dollar für das Unternehmen. Bei Erreichen bestimmter Umsatzziele werden darüber hinaus bis zu 350 Millionen Dollar fällig.
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